Rezension

Insgesamt leider nicht überzeugend

Was der See birgt -

Was der See birgt
von Lenz Koppelstätter

Bewertet mit 2 Sternen

Hab jetzt Lust auf Urlaub am Gardasee – aber nehme mir dann wahrscheinlich andere Bücher mit.

„Was der See birgt“, der Auftakt einer neuen Krimireihe aus der schon bewährten Feder von Lenz Koppelstätter, erschienen bei Kiepenheuer und Witsch, besticht zunächst durch seine tolle Gestaltung: Auf dem Cover natürlich der Gardasee, sich über Vorder- und Rückseite sowie Buchrücken erstreckend, an dessen Rand Gebirge drohend aufragen und dunkle Wolken ein Himmelsspektakel formen, im Faltumschlag innen dann eine Landkarte des Sees und der relevanten Orte, richtig schön gemacht!

Handlungsort ist Riva am Nordufer des Gardasees (wirklich toll, die Landkarte!), dort hat die ambitionierte Polizeireporterin Gianna Pitti, Vasco Rossi Fan und gerne mal ein auf der Seite des Dolce Vita unterwegs, es mit gleich zwei Stürmen zu tun: Der eine tobt nach einer durchgemachten Nacht in ihrem Kopf, der andere zieht ganz real über dem Gardasee auf. Und wie bei Shakespeare so auch hier: Sturm in der Natur bedeutet immer auch Sturm im System. Eine Leiche im Hafenwasser – eigentlich ja ein Geschenk für eine umtriebige Polizeireporterin, wäre es nicht dummerweise, wie sie durch eine nicht ganz legale Aktion herausfindet, ein Bekannter, ein naher Bekannter, vielleicht sogar ein sehr naher Bekannter – und schon nimmt das Chaos seinen Lauf.

Gianna Pitti ist sofort sympathisch, eben weil sie all das nicht ist, was die klassische weibliche Protagonistin in einem Krimi ausmacht: Tough, gefühlskalt, strukturiert, erfolgreich... Sie ermittelt eher auf ihre sehr eigene Art und findet dabei Hilfe bei ihrer Chefin Elvira und ihrem Onkel, dem „Marchese“ Francesco. Auch diese beiden sind toll gezeichnete Charaktere, die einem ans Herz wachsen. Eine gute Ausgangsbasis also für eine neue Krimireihe, zumal Koppelstätter wirklich viel Lokalkolorit sehr elegant einbringt?

Leider enden hier auch schon die positiven Faktoren, denn der Krimi krankt sehr an einer schlechten dramaturgischen Aufteilung. In der ersten Hälfte wird unglaublich ausgedehnt erzählt, so dass kaum Spannung aufkommt, der Fall immer mehr aus dem Fokus rückt und die lesende Person sich streckenweise in einem Heimatroman wähnt. In der zweiten Hälfte zieht das Erzähltempo dann sprunghaft an, es steigern sich aber auch die Unwahrscheinlichkeiten und da der Klappentext wichtige Handlungselemente spoilert – was ist das los, lieber Verlag? Warum tut man sowas einem Autor an? – kommt immernoch nicht wirklich viel Überraschung auf, trotz jeder Menge konstruierter Wendungen. In einem enorm langen Showdown wird dann auf den letzten Seiten so viel Information und Auflösung geballert, dass der Überblick teilweise verloren geht. Ein Ende im Hauruckverfahren, das versucht, einen Cliffhanger zum nächsten Band zu konstruieren – doch auch der ist relativ offensichtlich gebaut. Ich hatte mir ehrlich gesagt ein bisschen mehr erwartet. Die Schilderungen vom Gardasee und der Lokalkolorit sind gut gelungen, aber die Story ist leider schwach und zeigt einige Lücken. Von einem erfahrenen Krimiautor ist das eine nicht überzeugende Leistung. 

Hab jetzt Lust auf Urlaub am Gardasee – aber nehme mir dann wahrscheinlich andere Bücher mit. 

Ein großes Dankeschön an lovelybooks.de sowie Kiepenheuer & Witsch für das Rezensionsexemplar!