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Eine Mutter hält ihren erwachsenen Sohn in den Armen. Er ist tot, wie sich bald herausstellt; sie hat ihn während der letzten Monate seiner Erkrankung gepflegt. Bevor die alte Frau den Arzt ruft, beginnt sie mit dem Sohn ein letztes Gespräch, einen Monolog, der zur Bilanz und zur Erinnerung wird: an ein Leben an der Seite eines kriegsversehrten Mannes, an das gemeinsam geführte Textilgeschäft im Nachkriegsdeutschland, an das Glück, ein Klavier anzuschaffen, "etwas von Dauer", schwarzglänzend und für den einzigen Sohn, den sie liebte und der doch immer ein Fremder für sie geblieben ist. Denn seine Existenz verdankt sich womöglich einer traumatischen Gewalterfahrung, die sie zeitlebens bedrängt hat."Tagesanbruch" führt ins Zentrum von Hans-Ulrich Treichels Schreiben, ganz nah heran an die Schmerzpunkte von Verlust und Verlorenheit. Es ist die eindringliche, tieftraurige Erzählung einer Frau, die am Totenbett ihres Kindes endlich all das auszusprechen versucht, was sie niemals ausgesprochen hat; und am Ende doch bekennen muss, dass ihr die Worte versagen. Denn "es gibt Dinge, die verschweigt man sogar den Toten".
Eine Frau hält ihren in der Nacht an Krebs verstorbenen Sohn in den Armen; sie lässt ihr Leben Revue passieren: während des Krieges, mit ihrem Mann, dem Sohn; den Aufbau einer bürgerlichen Existenz. Zu Tagesanbruch wird sie den Arzt anrufen.
Das Buch erzählt sehr viel – überwiegend – Alltägliches, vom Geschäft, den Nachbarn … Und damit ist die Erzählung vermutlich beispielhaft für eine Generation, die Traumatisches erlebt hat, aber »business as usual« leben will. Der Mann der...