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Autorinnen-Interview

Im Gespräch mit Michaela Grünig, Autorin von "Wie ich Brad Pitt entführte"

Michaela Grünigs Roman "Wie ich Brad Pitt entführte" hat mich richtig begeistert, dabei bin ich sonst gar nicht so der ChickLit-Leser - aber das Buch ist einfach so witzig und spannened und erfrischend originell, dass es mich im Sturm erobert hat! Es ist alles andere als die typische 08/15-Liebesgeschichte, und durch die Krimi-Elemente und das augenzwinkernde Spiel mit den Klischees ist es einfach etwas ganz Neues, Eigenes. Für mich ganz klare 5 Sterne... Äh, Leseeulchen. Eine ganz dicke Leseempfehlung von mir! Deswegen habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass die Autorin bereit war, mir ein Interview zu geben.

Hier findet ihr meine ausführlichere Rezension. Aber jetzt zum Interview:

Mikka: Vielen Dank für das Interview! Ich finde es immer sehr spannend, wenn eine Autorin einen kleinen Einblick in ihr Schreiben und Leben gewährt. Erstmal die wahrscheinlich offensichtliche Frage: wie kamst du auf die Idee für diesen Roman? War sie einfach irgendwann da (vielleicht beim oben erwähnten Spaziergang mit den Hunden), oder gab es einen konkreten Auslöser?

Michaela: Schrecklich gerne! Hm… ich glaube der Auslöser zu « Wie ich Brad Pitt entführte » war, dass ich im Fernsehen eine Wiederholung von Stephen Kings « Misery» gesehen habe. Darin „rettet“ Kathy Bates ihren mit dem Auto verunglückten Lieblingsschriftsteller und zwingt ihn sein neustes Buch nach ihren Wünschen zu schreiben… Gut. „Misery“ ist ein typischer Horror-Film, aber ich dachte damals « Mann, was wir armen Frauen manchmal anstellen, nur um an einen Kerl zu kommen!» und plötzlich konnte ich auch die komische Seite dieses Plots sehen! Und so schrieb ich eine Krimikomödie!

Mikka: Angenommen, Hollywood käme jetzt auf dich zu und würde das Buch verfilmen wollen: wen würdest du für die Hauptrollen casten? (Vom offensichtlichen mal abgesehen...)

Michaela: Okay, ich oute mich jetzt einfach mal als Fan des deutschen Films! Ich liebe die Komödien von Doris Dörrie,Vivian Naefe, Söhnke Wortmann, Matthias Schweighöfer und Til Schweiger. Die sind doch viel intelligenter, selbstironischer und lustiger als all das, was Hollywood in den letzten Jahren so produziert hat! Und deshalb würde ich mich auch riesig freuen, wenn ein einheimischer Filmemacher auf mein Buch aufmerksam würde! Und bezüglich der Besetzung… witziger Weise habe ich mir immer Til Schweiger in der Rolle des Tom Schneiders vorgestellt. Das war schon so, als ich noch an den Dialogen feilte. Immer hatte ich seine Stimme im Ohr! Aber es gibt bestimmt auch andere Schauspieler, die den rotzfrechen Playboy Tom sehr gut spielen könnten. Bei Vicki kann ich mir Jessica Schwarz gut vorstellen.

Mikka: War Schreiben schon immer ein Traum? Wann bist du das erste Mal auf die Idee gekommen, deine Geschichten einem Verlag anzubieten?

Michaela: Obwohl ich schon immer gern geschrieben habe, war ich früher viel zu „wirbelig“, um mich für längere Zeit an den Schreibtisch zu verpflanzen. Erst als meine Tochter geboren wurde, verbrachte ich auf einmal viel Zeit zuhause und irgendwie hat mich da der Ehrgeiz gepackt: Ich habe eine online- Schreibschule bis zur Masterklasse absolviert und drei Drehbücher verfasst – auf Englisch. Dann habe ich die auf verschiedenen „Pitch-Festivals“ Filmproduzenten angeboten. Mit sehr bescheidenem Erfolg, obwohl eins meiner Drehbücher sogar einen Wettbewerb gewonnen hat. Irgendwann hat mir ein freundlicher Produzent geraten dieses Drehbuch zu einem Buch umzuarbeiten – in meiner Muttersprache. Gesagt, getan. Dann habe ich die ersten 30 Seiten an Verlage geschickt – und tatsächlich bissen zwei an und forderten das ganz Manuskript an… nur um mir 12 Monate später abzusagen. Leider passte mein „Material“ nicht in ihr Programm. Glücklicherweise bin ich dann auf Neobooks.com gestoßen und hier wurde mir geholfen! Ich gewann eins der begehrten Lektorats-Gutachten und – nach ein bisschen Umschreiben – verlegte Knaur mein Buch im Juni dieses Jahres als ebook. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die praktisch sechs Jahre dauerte… Meine Botschaft an alle Schreibenden ist deshalb: Habt Geduld und bleibt am Ball!

Mikka: Schreibst du schon am nächsten Buch? Und falls ja, kannst du uns schon ein bisschen was verraten, oder ist das noch streng geheim?

Michaela: Klar, schreibe ich schon am nächsten Buch. Inzwischen habe ich Blut geleckt und es macht mir einfach viel zu viel Spaß um damit wieder aufzuhören. Und so viel kann ich bereits verraten: Es wird wieder ein leicht durchgeknallter Chicklit-Krimi! Diesmal drehen sich die Geschehnisse rund um die forsche Fernsehmoderatorin Lenja, der ihr Traummann abhandengekommen ist. Warum Benedikt – von Beruf Arzt und auch sonst ein mustergültiges Exemplar seiner Gattung - sie nach fast dreijähriger Beziehung verlassen hat, ist ihr eigentlich nicht so genau klar. An dem einmaligen, weinseligen Fremdknutschen auf der Karnevalsfeier kann es doch wohl nicht liegen, oder? Aber eins ist sicher: Siewill Ben wiederhaben. Um jeden Preis! Und Lenjas ausgeklügelter Wiederbeschaffungsstrategie wird er auf Dauer nicht widerstehen können… denkt sie. Schließlich hat Herzogin Kate ihren Prinzen nach einer kleinen Auszeit auch noch erfolgreich zum Altar geschleppt! Doch als Ben ihr mitteilt, dass er nach einer dreimonatigen Schwangerschaftsvertretung in einem schicken Seniorenheim, nach Nicaragua gehen wird, um dort bei „Ärzte ohne Grenzen“ anzuheuern, verfällt Lenja kurzzeitig in Panik. Aber dann kommt ihr eine geniale Idee…

Mikka: Wie sieht dein "Schreiballtag" so aus: hast du feste Zeiten, an denen du dich an den Schreibtisch setzt? Hast du die Geschichte schon grob im Kopf, bevor du anfängst, sie niederzuschreiben, oder entwickelst du die Handlung so nach und nach beim Schreiben? Stephen King hat sich ja zum Beispiel feste Arbeitszeiten gesetzt, in denen nicht mal seine Familie ihn stören darf, während Luise Rinser auch beim Kartoffelschälen oder Wäschefalten im Kopf "geschrieben" hat.

Michaela: Huh, mit diesen zwei Schreibgrößen würde ich mich wirklich nie in einem Atemzug nennen…! Nein, aber ganz ohne Quatsch. Ich mache beides. Richtig „schreiben“ kann ich nur bei vollkommener Ruhe und ja, ich versuche auch mich mindestens drei Stunden jeden Tag „störungsfrei“ hinzusetzen. Leider gelingt mir das nicht immer. Aber meinen Plot entwickele ich im Kopf zu jeder Tages- und Nachtzeit weiter. Besonders gut geht das beim Gassi-Gehen mit meinen Hunden. Ansonsten fange ich beim Schreiben immer mit einem möglichst aussagekräftigen Exposé an, mit einer groben Gliederung und mit Charakterbeschreibungen der Protagonisten, sonst „fühle“ ich meine Figuren irgendwie nicht. Aber dann schreibe ich munter drauf los!

Mikka: Gibt es was, ohne das du nicht schreiben kannst - Kaffee, Katze auf dem Schoß, der Lieblingspulli?

Michaela: Also um mich zum Anfangen zu „überreden“, brauche ich immer eine riesige Tasse Milchkaffee und – wenn ich ganz ehrlich bin - ein kleines Stück Schokolade. Ansonsten habe ich glücklicherweise (noch) keine Marotten! Vielleicht kommt das noch – ich halte Dich auf dem Laufenden.

Mikka: Kannst du dir vorstellen, auch mal für ein ganz anderes Genre zu schreiben, wie z.B. einen Thriller oder ein Kinderbuch?

Michaela: Kann ich. Ich habe einen halben Krimi in meiner Schublade, den ich hoffe irgendwann mal fertig zu schreiben und dann unter einem Pseudonym zu veröffentlichen und… how very Nele Neuhaus of me – trage ich mich mit dem Gedanken ein Jugendbuch über Kinder auf einem Reithof zu schreiben. Es gibt so einen Hof in meiner Nachbarschaft und da ist immer die Hölle los… quasi eine nie versiegende Quelle der Inspiration direkt vor meiner Nasenspitze… so was muss man doch ausnutzen!

Mikka: Was magst du am Schreiben - was hasst du am Schreiben? Was ist am einfachsten daran, was am schwierigsten?

Michaela:  Ich liebe… dass man beim Schreiben in eine andere Welt abtauchen kann. Ich hasse… dass es manchmal so lange dauert, bis alles zu meiner Zufriedenheit ausformuliert ist. Ich finde am einfachsten… Plots und Protagonisten zu erfinden, sie fliegen mir einfach zu. Ich finde am Schwierigsten… alles logisch aufzubauen und wieder und wieder umzuschreiben bis alles – wenigstens für meine Augen – optimal ist.

Mikka: Es wird oft bejammert, dass Lesen eine aussterbende Freizeitbeschäftigung ist - aber stimmt das überhaupt? Auf der Frankfurter Buchmesse hatte man ja nicht den Eindruck, dass es an Lesern mangelt! Was meinst du, wird es in 100 Jahren noch Bücher geben? Und wenn ja, nur noch eBooks, oder wird sich das "echte" Buch behaupten?

Michaela: Also… ich hoffe doch mal ganz schwer, dass auch die Menschen der Zukunft das unglaubliche Vergnügen Bücher zu lesen genießen dürfen. Ehrlich gesagt, finde ich, dass da die Schulen in der Verantwortung stehen… dort sollte es Buchklubs geben und kleine Büchereien. Ich finde es bedenklich, dass im Unterricht immer nur „Problembücher“ a la George Orwell gewälzt werden. Man sollte besonders in den unteren Klassen, die Schüler frei wählen lassen, was sie lesen wollen. Nur so wird auf Dauer die Liebe zum Lesen entfacht. Und zu der ebook versus Papierbuch Debatte mag ich mich nicht wirklich äußern: Beides hat Vorteile, beides Nachteile. Ich finde es toll, dass mir zurzeit (noch) beide Optionen zur Verfügung stehen! Und dann wird man sehen was die Zukunft bringt...

Mikka: Im Moment tobt auf Facebook mal wieder die Debatte um Buchpiraterie. Die meisten Leser und Autoren sind natürlich auf die Buchpiraten nicht gut zu sprechen, aber manche suchen auch den Dialog mit den Drahtziehern der entsprechenden Download-Portale. Ein oft benutztes Argument der Buchpiraten ist, dass es einfach in der Natur des Internets liegt, das alles irgendwann, irgendwo kostenlos zu haben ist, und dass die Autoren und Verlage, statt sich dagegen zu sträuben, eben Strategien entwickeln sollen, an dieser Entwicklung teilzuhaben, z.B. in Form einer "Buch-Flatrate". Was meinst du dazu?

Michaela: Wow, das ist ja eine tolle Frage… aber irgendwie bin ich da nicht die richtige Ansprechpartnerin, glaube ich ! Vielleicht nur so viel: Ich würde ganz generell auch sagen, dass man die (Internet-) Uhr nicht zurückdrehen kann… das hat man ja auch bei Filmen und Musik download- Portals gesehen. Immer wenn eins zugemacht wurde, gab es ein Neues! Ich habe diese Entwicklung verfolgt und glaube, dass Piraterie vielleicht nicht immer verteufelt werden sollte… es bescherte in der Vergangenheit auch unglaublich viel kostenlose Publicity und ist auf eine perverse Art und Weise auch irgendwie ehrlicher… da stimmen die Piraten „quasi mit ihren Downloads“ über eine richtige „Bestseller-Liste“ ab und scheren sich nicht um die von verschiedenen Verlagen hausgemachte…. Wie gesagt… ein schwieriges Thema! Ich bin froh, dass ich das Alles nicht entscheiden muss!

Mikka: Nochmal vielen lieben Dank für das Interview!

Michaela: Nein, ich danke Dir. Das hat mir wirklich viel Spass gemacht !

Wie ich Brad Pitt entführte Interview mit Kai Meyer

Kommentare

Beate kommentierte am 14. November 2013 um 07:56

Ein wirklich tolles Interview. Ich konnte Michaela Grünig während der Buchmesse in Frankfurt kennenlernen. Und im "real live" ist sie genauso nett und sympathisch wie sie in diesem Interview rüberkommt. "Wie ich Brad Pitt entführte" liegt leider aus Zeitmangel noch auf meinem SuB, aber wenn ich deine Begeisterung hier lese, muss ich es glaub ich so schnell wie möglich endlich mal lesen.

Mikka Liest kommentierte am 16. November 2013 um 11:09

Ja, unbedingt, das Buch ist so witzig und spannend! :-)