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Brennendes Buch

Zerstörung von Büchern

Bücherverbrennung

Es ist die häufigste Form des sogenannten „Biblioklasmus“: Die Bücherverbrennung. Seit Jahrhunderten wird Literatur zerstört und demonstrativ ins Feuer geworfen, um gefährliches und schädliches Gedankengut auszumerzen.

 „Da wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“ – so lautet der viel zitierte Satz aus Heinrich Heines Tragödie „Almansor“. Und auch wenn sich die Bücherverbrennung im nationalsozialistischen Deutschland, die als abschreckendes Beispiel für Unmenschlichkeit und Volksverhetzung in die Geschichte einging, erst 111 Jahre später ereignete, wird Heines Gedanke immer wieder mit den Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs in Verbindung gebracht. Denn kaum ein Ereignis in der Menschheitsgeschichte könnte die Behauptung des Dichters besser belegen als der Holocaust. Hier hat die Zerstörung von missliebigen Inhalten nur den Auftakt gegeben für das jahrelanges Quälen und Töten von Menschen, die als gering erachtet wurden. Am 10. März 1933 wurden in 22 deutschen Großstädten demonstrativ Bücher ins Feuer geworfen, die aus der Feder „kritischer“ Autoren stammten. Darunter auch Heinrich Heine, Erich Kästner und Franz Kafka.  

Doch das Zitat des deutschen Dichters ist keinesfalls als prophetische Äußerung zu deuten. Bücherverbrennungen gab es schon vor dem Nationalsozialismus. Um genau zu sein: Lange davor. Heine bezieht sich auf die Verbrennung eines Korans im Jahre 1500. Doch schon in der Antike wurden Bücher demonstrativ zerstört und auch das Neue Testament weist auf Bücherverbrennungen hin. Martin Luther verbrannte die kanonischen Rechtsbücher und löste sich so symbolisch von Rom. Ihren Höhepunkt fanden „Buchhinrichtung“ dann im 17. und 18. Jahrhundert, meist begleitet von zeremoniellen Riten und dem Läuten von Kirchenglocken. Bis heute werden neben Büchern auch andere Medienträger wie CDs und Videobänder regelmäßig Opfer von Feuer. Und auch wenn die Initiatoren, häufig Fanatiker verschiedener Glaubensrichtungen, aber auch politische Extremisten, immer wieder andere sind, so ist die Begründung für die Vernichtung der Inhalte doch immer dieselbe: Die Bücher seien schädlich, richteten sich das Regime oder den Glauben, seien ketzerisch und beinhalteten gefährliches Gedankengut.

Und tatsächlich: Auch in unserer modernen Zeit, in der die Toleranz gegenüber anderen Überzeugungen und Gleichberechtigung zu den Grundsätzen unserer Gesellschaften gehören, kommt es regelmäßig zu Bücherverbrennungen.

Eines der bekanntesten Beispiele ereignete sich erst vor einigen Jahren. 2001 kam es in Pittsburgh zu einer groß angelegten Bücherverbrennung. Die Kirche „Harvest Assembly of God“ rief ihre Mitglieder dazu auf, Bücher, CDs und Filme mitzubringen, die sich nicht mit ihrer persönlichen Beziehung zu Gott vereinbaren ließen. Dazu gehörten neben „Jurassic Park“, CDs von AC/DC und Bruce Springsteen auch Walt Disneys „Pinocchio“ und „Herkules“ und die Harry Potter-Bücher, die – so die Begründung – Hexenkult und Okkultismus propagierten. Im gleichen Jahr kam es auch in Alamogordo in New Mexiko zur Verbrennung von „Harry Potter“-Büchern. Die Geschichten rund um den Zauberlehrling zeige Kindern, wie sie selbst zur Hexe oder zum Zauberer werden können und sei somit gefährliches Gedankengut. In diesem Fall reagierten entrüstete Stadtbewohner mit einer Demonstration, in der sie den Initiator, Pfarrer Brock, mit Adolf Hitler und Bin Laden verglichen.

2007 dann verbrannten Neonazis im Rahmen einer Sonnenwendfeier in der Nähe von Magdeburg „Das Tagebuch der Anne Frank“, um zu verdeutlichen, dass sie die Erinnerungen an den Holocaust als Lüge ansehen. In der offiziellen Verteidigung hieß es, dass die fünf angeklagten Männer sich mit diesem Akt von dem belastenden Kapitel der deutschen Vergangenheit befreien wollten. Besonders glaubwürdig empfand das Gericht diese These wohl nicht und verurteilte sie zu Geld- und Bewährungsstrafen.

Und erst im Februar 2012 kam es in Afghanistan zur Verbrennung mehrere Koran-Exemplare durch US-Soldaten, die zu heftigen Protesten führten – auch wenn es sich Untersuchen zufolge nicht um Missachtung des Korans handelte, sondern um mangelnde Kenntnis und Kommunikation.

Es ist ein brisantes Thema, das auch in der fiktiven Literatur immer wieder Beachtung findet. Vor  allem in dystopischen Romanen werden Bücher häufig als gefährliches Gut betrachtet. So handelt der Roman „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury von einer unterdrückten Gesellschaft, in der der Besitz und das Lesen von Büchern verboten sind. Der Titel bezieht sich sogar auf die Selbstentzündungstemperatur von Papier. Auch in Orwells „1984“ sollen alle Bücher, die in der Zeit vor der Regierung geschrieben wurden, verbrannt werden, die anderen – je nach politischen Änderungen – revidiert werden.

Und nicht zuletzt greift auch „Die Bücherdiebin“, die Anfang Februar in die Kinos kommt, die Bücherverbrennung im nationalsozialistischen Deutschland auf.

Welche Romane fallen euch ein, die sich mit der Zerstörung von Büchern auseinandersetzen?

 

Artikel verfasst von: +Maren Kahl

Kommentare

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TobDog84 kommentierte am 09. Februar 2014 um 19:37

Ich möchte hier nur kurz der Vorstellung entgegenwirken, dass Bücherverbrennungen nur negativ konnotiert sind. Bevor dies durch den Nationalsozialismus und den religiösen Fanatismus geschah, war dieses Vorgehen ein beliebter Brauch zum Beispiel unter Studenten. Beim Wartburgfest 1817 wurden Bücher, die den dort versammelten Studenten zuwider waren, ebenso verbrannt wie bei den anderen Vorgängen die heutzutage bekannt sind. Man sollte dies nicht in jedem Fall als mutwillige Zerstörung von Kulturgütern sehen sondern im Fall des Wartburgfestes als extreme Art der Meinungsäußerung.

Jeco01 kommentierte am 05. Oktober 2014 um 23:03

Ein wirklich sehr informativer Artikel, danke dafür!!!

Jinx13 kommentierte am 01. Januar 2015 um 14:34

Vielen Dank für den informativen Artikel. Mir war gar nicht bewusst, wie oft es Bücherverbrennungen gegeben hat...

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