Rezension

1. Band der Lou-und-Will-Reihe

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 5 Sternen

Die 26-jährige Lou(isa) Clark führt ein völlig unauffälliges Leben in der englischen Kleinstadt Stortfold Castle, welche vor allem durch ihre geschichtsträchtige Burg berühmt ist. Sie ist mit ihrem Leben zufrieden, ihr Job als Aushilfe im Café "Buttered Bun" gefällt ihr und sie ist seit Jahren in einer festen Beziehung mit Patrick, einem Sportfanatiker. Dann wird ihr jedoch überraschend gekündigt, da der Betreiber das Café dichtmachen will. Lou ist verzweifelt, wohnt sie doch noch zu Hause bei ihren Eltern und unterstützt diese finanziell, denn lediglich ihr Vater hat Arbeit, ihre Mutter ist Zuhause und pflegt den Großvater. Zwar geht auch Lous jüngere Schwester Treena arbeiten, doch verdient sie im Blumenladen nicht wirklich viel und dann ist da noch Treenas Sohn. Fakt ist, die Familie ist auf Lous Einkommen angewiesen und so muss sie sich schnell was anderes suchen.

 

Einen Job finden - das ist gar nicht so einfach, wenn man nichts gelernt hat. Nachdem sie alle Jobs des Jobcenters, bei denen sie fast hüllenlos hätte "arbeiten" müssen, abgelehnt hat, bleibt schlussendlich nur noch ein Job als Pflegekraft. Mit wenig Hoffnung stellt sie sich bei Familie Traynor vor, deren 35-jähriger Sohn Will seit einem Motorradunfall Tetraplegiker ist. Etwas merkwürdig ist das Stellenangebot schon - es ist auf lediglich 6 Monate befristet und auch nicht die üblichen Pflegetätigkeiten sind gefordert, sondern eher eine Art "Gesellschafterin" für Will. Wider erwartend erhält jedoch Lou den Job und wird hier noch lernen müssen, dass nicht immer alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

 

Will selbst ist anfänglich alles andere als angetan von seiner neuen Gesellschafterin. Auch nach zwei Jahren kann und will er sich mit seinem jetzigen Leben nicht arrangieren, zu sehr ist ihm bewusst, was er verloren hat. Als Lou kurz davor ist, das Handtuch zu schmeißen, weiht sie Wills Mutter Camille in das Geheimnis um Will ein und ab diesem Moment weiß Lou: Aufgeben ist keine Option. Sie wird die Zeit nutzen, die sie mit Will hat und ihm zeigen, wie schön das Leben, trotz Tetraplegie sein kann. Doch Lou kämpft nicht nur gegen die Zeit an, nein, sie kämpft auch gegen Will, der nicht bereit ist, sich mit seinem derzeitigen Leben abzufinden. Doch mit der Zeit ist da mehr zwischen den beiden, als ein normales Chef-Angestellten-Verhältnis ...

 

 

Der 1. Band der Lou-und-Will-Reihe! Der Plot wurde sehr einfühlsam erarbeitet. Faszinierend empfand ich die Romanidee dahingehend, dass zwei sehr gegensätzliche Charaktere aufeinanderprallen und einen Blick in die Welt des jeweils anderen erhaschen und aus Grund dieser Tatsache sich ihr Leben nachhaltig verändert. Die Figuren wurden facettenreich und authentisch erarbeitet. Besonders ans Herz gewachsen ist mir die Figur der Lou, die es mit einer jüngeren, aber intelligenteren Schwester nicht immer einfach hatte und immer eher die zweite Geige spielen musste. Doch schafft es tatsächlich Will, der sein eigenes Leben schon aufgegeben hat, ihr einen neuen, erweiterten Blickpunkt auf ihr Leben zu ermöglichen und zeigt ihr Dinge auf, von denen sie nicht zu träumen wagte und auch Will, der anfänglich sehr verbohrt ist und seinen Zorn und seine Frustration an seiner gesamten Umwelt auslässt, wird immer mehr zu einem Menschen, der auf andere eingeht und der immer einfühlsamer auf die Gefühle seiner Mitmenschen reagiert. Die Sprecher, allen voran Luise Helm, schafften es mit einer Dynamik und einem Einfühlungsvermögen, dass ich mit den Figuren gelitten und gelacht habe und ja, ich habe bittere Tränen geweint, denn es fühlte mich so real an, so als wäre ich tatsächlich dabei, dass ich einfach nicht anders konnte. Abschließend kann ich sagen, dass es sich um ein tief emotionales und dennoch hoffnungsvolles Buch handelt, dass mit einem sehr einfühlsamen Plot, faszinierenden Charakteren und einem sehr eingehenden Schreibstil aufwartet und ich es kaum erwarten kann, die Fortsetzung "Ein ganz neues Leben" in die Finger zu bekommen.