Rezension

3.0 von 5 Sternen Mehr Thriller als Mystery, stilistisch teilweise etwas unglücklich

Das tote Mädchen - Steven James

Das tote Mädchen
von Steven James

Bewertet mit 3 Sternen

„Ein fesselnder Thriller mit einem Schuss Mystery, hochspannend und voller überraschender Wendungen“. Das verspricht die Inhaltsangabe und damit löste „Das tote Mädchen“ von Steven James innere Freudenschreie bei mir aus – Mystery, whaa! Thriller, yay!

Allerdings ist die Geschichte etwas anders, als erwartet. Der Klappentext hatte bei mir die schöne Vorstellung geweckt, dass der Geist eines toten Mädchens einen Jungen bittet, den Mord an ihr aufzuklären. Und naja, so ganz falsch ist das nicht. Liest man den Text aber genau, steht da wortwörtlich, der 16jährige Daniel habe „eine Vision von ihr, wie sie ihn um Hilfe bittet“. Und eine Vision ist nicht gleich Geist. Oder doch? Ich bleibe mal vage und verrate nur, dass der Schuss Mystery in diesem Buch wirklich nur ein Schuss ist und die Sache mit den Geistern nicht so eindeutig, wie ich es angenommen hatte.

„Das tote Mädchen“ ist vor allem ein Thriller. Die 14jährige Emily Jackson ist angeblich beim Baden ertrunken und ihr Mitschüler Daniel Byers hat Zweifel, ob es sich dabei wirklich um einen Unfall handelt. Er beginnt auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen und stößt auf die eine oder andere Ungereimtheit.

Mehr muss zum Inhalt eigentlich nicht gesagt werden. Wohl aber zum Aufbau. Das Buch ist an sich wirklich nett und kurzweilig, die Handlung anfangs allerdings etwas schleppend. Nach spannenden ersten Seiten, passiert bis ca. Seite 90 nur wenig – Daniel lässt sich die Sache mit der Vision durch den Kopf gehen, macht gemeinsam mit seinem Freund Kyle Hausaufgaben, geht zum Football-Spiel und grübelt, welches Mädchen er zum Homecoming-Ball einladen soll, die hübsche Nicole oder die Neue an der Schule, Stacy Clern? In kurzen, knackigen Sätzen führt Steven James seinen Protagonisten Daniel ein, was sich angenehm lesen lässt, mich aber nach viel Danielschem Alltag etwas ungeduldig werden ließ.

Schließlich kommt der Autor aber zur Sache. Es gibt einige spannende Szenen und der rote Faden lässt sich nun etwas leichter finden. Nur: Mystery und Thriller wollen einfach nicht richtig zusammenfinden. Steven James Methode, zu suggerieren, dass für Daniel die Grenze zwischen Realität und Visionen verwischen (kein Spoiler, das wird ebenfalls bereits im Klappentext erwähnt), war mir ein bisschen zu simpel. Häufig setzt er unter einen Absatz in kursiver Schrift Daniels Gedanken. Etwa so:

„Doch während man in einem solchen Traum gefangen ist, erscheint einem das, was in ihm geschieht, als die Wirklichkeit. So wie die Visionen, die du gehabt hast. (S. 174)

Diese kursiv gedruckten Gedanken haben eine Art Eigenleben. In ihnen zieht entweder Daniel oder aber Daniels Unterbewusstsein die richtigen Schlüsse, manchmal ist allerdings nicht klar, ob es wirklich Daniels oder vielmehr Emilys Gedanken sind.

Und dann hörte er plötzlich eine Stimme in seinem Kopf. Geh hinein. Sieh dich um. (S. 202)

 Dieses Stilmittel ging mir mit der Zeit – sorry - etwas auf die Nerven. Es war mir zu aufdringlich und gleichzeitig zu vage. Ebenso übrigens wie die verschiedenen Spuren und Hinweise, denen Daniel bei der Aufklärung des Falles folgt, à la „sie kann nicht ertrunken sein, denn sie war eine gute Schwimmerin“.

Für abgebrühte (Jugend-)Thrillerfans bietet „Das tote Mädchen“ leider nichts wirklich Neues. Und wer sich erhofft, bei diesem Kriminalfall mitraten zu können, dem muss ich leider sagen, dass das wohl nur möglich ist, wenn einem ein paar eigene „Visionen“ dabei helfen... Steven James hält Indizien bis kurz vor Schluss zurück, so dass die Auflösung insgesamt recht austauschbar erscheint.

Kurz und gut: „Das tote Mädchen“ ist eine Lektüre für eher jüngere Leser, ein Kriminalfall mit einem Schüsschen Mystery, dem manchmal der rote Faden abhanden kommt, in dem Mystery- und Thrillerteile nicht hundertprozentig im Einklang stehen, der aber mit einigen spannenden Szenen durchaus zu fesseln weiß.