Rezension

A matter of skin

Die Erbin
von John Grisham

Seth Hubbard ist tot, aber ist er nicht an Lungenkrebs gestorben, dieser heimtückischen Krankheit, die ihn seit Monaten im Griff hat. Nein, er hat seinem Leben und Leiden ein Ende gesetzt, indem er sich auf seinem eigenen Grund und Boden an dem Ast einer alten Platane erhängt. Er hinterlässt einen Abschiedsbrief, in dem er detailliert seine Wünsche für die Trauerfeierlichkeiten beschreibt, und ein handschriftliches Testament, das er kurz vor seinem Tod verfasst und an den Rechtsanwalt Jack Brigance geschickt hat, worin er diesen zu seinem Testamentsvollstrecker bestimmt und als Haupterbin seine schwarze Haushälterin Lettie Lang einsetzt.

Natürlich gibt es Widerstand aus der Familie, denn Sohn, Tochter und Enkelkinder wollen nicht zulassen, dass eine Dienstbotin Hubbards Vermögen erbt, das sich auf weit über 20 Millionen beläuft, und sie leer ausgehen sollen. Der Fall geht vor Gericht, und Jack Brigance sieht sich mit einer Armada von Anwälten und Sachverständigen der Gegenseite konfrontiert, die alle beweisen wollen, dass sich die Haushälterin das Erbe unrechtmäßig erschlichen hat. Jack schaut sich daraufhin die Familienhistorie der Hubbards genauer an und fördert einen Vorfall aus der Vergangenheit zutage, der Seth Hubbards Vermächtnis  in einem anderen Licht erscheinen lässt.

In John Grishams neuestem Roman „Die Erbin“ gibt es ein Wiedersehen mit Jack Brigance, dem jungen Anwalt aus „Die Jury“, der auch hier im Mittelpunkt des Geschehens steht. Handlungsort sind die amerikanischen Südstaaten Ende der achtziger Jahre, genauer gesagt Mississippi, wo alles eine Frage von Schwarz und Weiß ist, wie Jacks Mentor Lucien so treffend sagt  – auch das Recht. Dieser offensichtliche Rassismus ist das zentrale Thema des Buches, denn wie kann es angehen, dass eine schwarze Dienstbotin plötzlich zu den reichsten Menschen des Staates gehören könnte, wenn ihr denn das Erbe ihres weißen Arbeitgebers ausbezahlt würde?

„Die Erbin“ ist ein typischer Grisham, der meiner Meinung nach ohne Frage an die Qualität seiner ersten Romane heranreicht und alles hat, was seine Bücher besonders macht: ein sozialkritisches Thema, sympathische Protagonisten und die gekonnte Ausführung mit unerwarteten Wendungen. Und wie immer legt er den Finger in die Wunde und lässt seine Hauptfiguren Partei für die Schwachen und Unterprivilegierten ergreifen. 

Eine spannend erzählte Geschichte, die sich zügig lesen lässt und nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern auch das Herz berührt.