Rezension

Abenteuerroman zur Zeit der Reformation

Die Frau des Täuferkönigs - Michael Wilcke

Die Frau des Täuferkönigs
von Michael Wilcke

Bewertet mit 3.5 Sternen

Inhalt
Osnabrück, 1534: Mit seiner Tochter Mieke, seiner Gefährtin Jasmin und dem falschen Medicus Reymond reist der Reliquienhändler Emanuel von Stadt zu Stadt, gelegentlich halten sie sich auch mit Betrügereien und Diebstählen über Wasser, die aber nicht selten schief gehen.
Als die Gruppe wieder einmal eine Gaunerei ausführen will, werden sie von den den Männern des Gutsherrn Clunsevoet gefangen gesetzt, der zuvor durch die Truppe einen größeren Schaden erlangt hat. Er fordert von den Gauklern einen Dienst: Sie sollen seine Tochter in Münster aufspüren und zu ihm zurückbringen, als Druckmittel nutzt er Emanuels Tochter Mieke. Doch Münster ist von den Täufern besetzt und von einem Heer belagert…

Meine Meinung
Dieser Roman ist aus der Sicht Emanuels geschrieben. Dadurch erfährt man einerseits, wie dieser die Welt sieht, nämlich nicht allzu ernst, andererseits bedeutet es, dass auch die anderen Personen durch ihn charakterisiert werden. Dadurch bleiben sie meist oberflächlich, nicht selten beschränkt sich dies auf Äußerlichkeiten, bis auf einige wenige Charakterzüge bleiben sie doch sehr blass. Einige Charaktere dagegen werden recht überzogen dargestellt, wie ich sie in diesem Roman nicht erwartet hätte.
Der Schreibstil ist sehr humorvoll, an keiner Stelle wirkt der Roman sehr ernst, vielmehr werden auch eigentlich traurige Ereignisse humorvoll dargestellt. So wird jemand, der von einer Kanonenkugel zerfetzt wird, später als zerstreut beschrieben, was mir in dem Zusammenhang zwar ein Schmunzeln entlockt hat, mir dann aber doch etwas zu viel war.
Durch den lockeren und leicht zu lesenden Schreibstil ist der Roman recht zügig zu lesen, und durch die kurzen Kapitel hatte ich den Eindruck, nur so durch den Roman zu fliegen. Und so war ich doch verwundert, als schon mehr als ein Drittel des Buches gelesen war und die Gefährten die Stadt immer noch nicht betreten hatten. Somit kann man sich ausrechnen, dass die Abenteuer bei den Täufern nicht sehr ausführlich ausfallen und auch nicht viel Wert auf die Darstellung vom Leben in der belagerten Stadt und Personenbeschreibungen gelegt wurde. Ein paar Hintergrundinformationen erhält man zwar schon, dann allerdings meist als Informationsblock. Gerne hätte ich hier mehr über die Menschen in der Stadt erfahren, doch ist dies wohl mit der Beschreibung aus Emanuels Sicht nicht vereinbar.
Viele Ereignisse ergeben sich durch glückliche Fügung des Schicksals, was ich nach ein paar Kapiteln doch recht unglaubwürdig fand. Sieht man den Roman jedoch als temporeiche Abenteuergeschichte, dessen Ziel die Unterhaltung ist, passt es wieder. Das Ende ist ein wenig unerwartet, doch auch dies passt einfach zum Stil des gesamten Buches.
In einem Nachwort gibt der Autor noch ein paar Informationen zur Quellenlage über die Zeit der Täuferherrschaft in Münster und erklärt, welche Ereignisse wohl so oder ähnlich stattgefunden haben und welche seiner eigenen Fantasie entsprungen sind.

Fazit
Dieser Roman ist der erste Versuch Michael Wilckes, einen humoristischen Ansatz für ein eher ernstes Thema zu wählen. Dies finde ich recht gelungen, auch wenn ich an keiner Stelle so richtig gelacht habe. Als Abenteuerroman weiß er gut zu unterhalten und ist dabei sehr spannend, jedoch geht der Witz und die straffe Handlung auf Kosten der Tiefe und genaueren Beschreibungen.