Rezension

absolut real wirkender Reihenauftakt mit einschüchternder Atmosphäre und Gänsehaut-Effekt

Du. Wirst. Vergessen - Suzanne Young

Du. Wirst. Vergessen
von Suzanne Young

Zitat:
„Wir alle hoffen, dass es schnell vorbei ist. Hoffen, dass wir einen weiteren Tag überstehen, ohne ausgesondert zu werden.“
(S. 12)

„Ich sterbe, alles in mir zerreißt, blutet. Ich bin schon so weit fortgegangen, dass ich nicht sicher bin, ob ich je wieder zurückkehren kann.“
(S. 108)

„Wir haben so viele Geheimnisse geteilt, und nun gehören sie nur noch mir. Ihr Gewicht drückt mich nieder.“
(S. 133)

Inhalt:
Die Selbstmordrate unter Jugendlichen steigt stetig. Es heißt, dass man sich anstecken kann. Die Suizide breiten sich aus wie eine Epidemie. Niemand kann diese traurige Entwicklung erklären.

Zur Eindämmung und Prävention dieses Phänomens wurde ein Pilotprojekt ins Leben gerufen: „Das Programm“. Aufgabe des „Programms“ ist es, auffällige Jugendliche zu identifizieren, sie zu isolieren und ihre Gedanken zu reinigen. Die Schule, die Sloane und James besuchen, nimmt an diesem Projekt teil. Die Jugendlichen haben Angst. Angst, ihre Vergangenheit und Identität zu verlieren! Ist diese Angst berechtigt? 

Vor zwei Jahren hat sich Sloanes Bruder umgebracht. Nur mit Hilfe ihres Freundes James konnte sie diese schwere Zeit überstehen. Gefühle kann sie sich auch nicht erlauben. „Das Programm“ ist wachsam. Die Betreuer lauern überall!

Durch ein unerwartetes Ereignis gerät James aus der Bahn. Sloane gibt ihr Bestes, um die Anzeichen einer Ansteckung von James zu verbergen. Doch das Unvermeidliche passiert dennoch. Die Betreuer werden auf James aufmerksam, „Das Programm“ holt ihn ab. 

Sloane ist verzweifelt. Als sie Wochen später auf den „geheilten“ James trifft, kann er sich nicht an seine große Liebe erinnern. Für Sloane bricht eine Welt zusammen. Und nun ist auch sie in großer Gefahr!

Meinung:
„Du.Wirst.Vergessen.“ stand erst wenige Tage in meinem Regal. Die Geschichte übte eine immense Anziehungskraft auf mich aus, so dass ich natürlich nicht lange umhin gekommen bin, das Buch zu lesen.

Suzanne Young gab mir nicht viel Zeit, geruhsam in ihre Geschichte einzutauchen. Gleich von Beginn an war ich Teil des Ganzen. Kaum an der Seite von Sloane angekommen, erlebte ich auch schon kurz darauf schockiert, wie Betreuer des „Programms“ eine Mitschülerin abholten. Die vermeintlich positive Fassade des Projektes fing damit gleich an zu bröckeln, nach und nach bildeten sich für mich sogar richtige Risse darin.

Der Autorin gelang es mit wenigen Mitteln, eine bedrückende und einschüchternde Atmosphäre zu schaffen, die mich von Anfang bis Ende total in ihren Bann ziehen konnte. Suzanne Young lässt ihre Protagonistin Sloane die Geschichte durchgängig aus deren Sicht in Gegenwartsform erzählen. Immer wieder geschickt eingebaute Passagen mit kurzen Sätzen erhöhen kurzfristig das Tempo, ohne dass ich in eine rasante Entwicklung geriet. Die Autorin konnte damit zielsicher eher ein anderes Gefühl erzeugen: Angst. Angst vor Entdeckung. Angst, dass ein Betreuer aufmerksam wird und ich mich an der Seite von Sloane im „Programm“ wiederfinde. Denn was würde man uns dort antun? Die Rückkehrer, also die geheilten Jugendlichen, machten zumindest nur auf den ersten Blick den Eindruck, wirklich genesen zu sein. Bei näherem Hinschauen hatte ich dann doch so manchen Zweifel.

Sloane war für mich von Beginn an eine sehr sympathische Protagonistin. Sie ließ mich sofort an ihren Gefühlen teilhaben, auch wenn sie diese nicht offen zeigen durfte. So teilte sie das ein oder andere Geheimnis mit mir, ohne dass ihre Umwelt irgendetwas von Sloanes Gedankenwelt mitbekam. Ich durchlebte mit ihr einige schöne Erlebnisse, litt mit ihr in schwierigen bis ausweglosen Situationen. Oftmals hatte ich den unwiderstehlichen Drang, einfach Gestalt in der Geschichte anzunehmen, um Sloane zu beschützen. Sie wirkte zeitweise so ausgeliefert. Möglichkeiten zur Gegenwehr waren nicht immer vorhanden. In solchen Situationen fühlt sich auch eine noch so selbstbewusste Person wie Sloane hilflos und zerbrechlich. 

In James hat Sloane einen Halt gefunden, der sie nach dem Tod ihres Bruders wahrscheinlich davor bewahren konnte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er vermittelt Ruhe und Selbstbewusstsein, geht mitunter aber auch so manches nicht kalkulierbare Risiko ein. Und plötzlich gerät ausgerechnet James in das Visier der Betreuer. Nach der Rückkehr aus dem „Programm“ ist er auf jeden Fall ein völlig anderer Mensch. Und Sloane verliert damit ihren Rettungsanker.

„Du.Wirst.Vergessen.“ hatte eine unglaublich fesselnde Wirkung auf mich. Dieser Bann wurde mit Sicherheit nicht durch rasante Action und temporeiche Szenen hervorgerufen, die in dem Buch auch gar nicht in der Form vorhanden waren. Die Anziehung der Geschichte resultierte eindeutig aus dieser realistischen Darstellung einer Welt, deren weitere Entwicklung langsam aber sicher aus der Bahn gerät. Vermeintlich Gutes mutiert zu einem nicht beherrschbaren Faktor und so mancher Charakter, der mir hier begegnete, hatte sein eigenes Geheimnis.

Insgesamt hatte ich viele schöne Lesestunden mit dem Buch. Der angenehme Schreibstil machte es mir einfach, mich in der Geschichte zurechtzufinden und an diese zu binden. Ich konnte diese nah an einer möglichen Realität handelnde Geschichte wirklich genießen. Das Ende macht mich neugierig auf die Fortsetzung. Dennoch kann ich nun beruhigt und zufrieden das Buch zuklappen. 

Urteil:
„Du.Wirst.Vergessen“ besticht durch seine einschüchternde Atmosphäre, die mir so manches Mal eine Gänsehaut bescherte. Für diese real wirkende Darstellung und einen hohen Lesegenuss vergebe ich deshalb 5 Bücher.

Für alle Fans realistisch dargestellter Welten, die Geschichten mit einer besonderen Atmosphäre lieben, und sich von einer beklemmenden Stimmung nicht einschüchtern lassen. 

Die Serie:
1. Du.Wirst.Vergessen
2. Originaltitel: The Treatment
Voraussichtlicher Erscheinungstermin: April 2014

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