Rezension

Absolut spannend nur irgendwie zu kurz

Wenn die Nacht verstummt - Linda Castillo

Wenn die Nacht verstummt
von Linda Castillo

Bewertet mit 4 Sternen

Auch Teil drei der Krimiserie um die amerikanische Polizeichefin Kate Burkholder bleibt der Tradition des ersten Teils treu: Ort, Protagonisten und das Milieu sind dieselben, denn wieder gibt es einen Mord bei den Amischen aufzuklären und wer könnte dafür besser geeignet sein, als die ehemalige Amische Burkholder? Begonnene Entwicklungen (z.B. dem Verhältnis Burkholders zu Tomasetti) werden nicht nur fortgesetzt, sondern auch vertieft. So beginnt Burkholder endlich in Ansätzen ihre Vergangenheit zu verarbeiten.
Die Story ist wie auch in den vorangegangenen Bänden in sich logisch geschildert und durch geschickte Wendungen spannend aufgebaut. Lange Zeit bleibt unklar, wer der Mörder ist. Hat der Lesegenuss des zweiten Bandes etwas unter einer sich in mir aufbauenden „nicht schon wieder“-Haltung gelitten, war mir doch in diesem Buch klar, was mich erwartet: Wieder ein neuer Fall in der Amischen Gemeinde. Doch auch wenn sich Castillo in ihrer Serie immer derselben Thematik bedient, so ist diese immer noch gänzlich anders als der normale Krimi/Thriller-Stoff und ich habe mich dieses Mal wirklich auf die Fortsetzung gefreut.
Ein weiterer Punkt, der mir im letzten Band negativ aufgefallen ist, hat sich in diesem wieder etwas relativiert: Wie viele andere Krimi-Hauptcharaktere sucht Burkholder ihr Seelenheil im Alkohol. Diese ständige Präsenz von Alkohol als ultimatives Problemlösungsmittel widert mich beinahe an, schöner wäre einen angemessenen Umgang mit Alkohol zu vermitteln. Burkholder hat eine Vergangenheit, die sich immer wieder in die Gegenwart auswirkt. Um zusätzlich die schwierigen Fälle, die sie oftmals persönlich betroffen machen, bearbeiten und lösen zu können, greift sie zur Flasche. Wie schon angedeutet, beginnt sie in diesem Teil ihre Vergangenheit zwar nicht aufzuarbeiten, aber doch ein Stück zu verarbeiten und an dieser Stelle wird ihr von außen auch ein anderer Umgang mit Alkohol empfohlen. Es bleibt zu hoffen, dass sich Burkholder an dieser Stelle persönlich weiterentwickelt. Von daher bin ich gespannt wie es mit ihr im nächsten Teil weitergeht…
Zwar hat mir die Weiterentwicklung und der Fall an sich wirklich gut gefallen, doch hatte ich bei diesem Buch das Gefühl, als könnte es hier und da noch etwas mehr vertragen: Mehr Privatleben, mehr Interaktion mit den Kollegen, mehr Ermittlungen. Zwar sind 331 Textseiten nicht gerade wenig, doch sie flogen so dahin, ohne dass ich das Gefühl hatte, mich intensiv mit “dem Fall” auseinander gesetzt zu haben. Das ist ein wenig schade, denn mit dem Drumherum und mehr Atmosphäre wäre mir Burkholder vielleicht in diesem Band endlich ans Herz gewachsen.

Fazit: Wer die ersten beiden Teile der Serie mochte, wird auch mit Wenn die Nacht verstummt seine Freude haben. Das Buch ist spannend und liest sich sehr schnell. Zu schnell für meinen Geschmack – ein paar Details mehr hier und mehr Hintergrund dort und die Geschichte wäre wirklich mitreißend gewesen. So ist sie durch die endlich erkennbare Weiterentwicklung des Hauptcharakters einfach nur gut.