Rezension

Acht Minuten - außergewöhnliche Erzählweise als Geschmacksache und Tiefgang

Acht Minuten - Péter Farkas

Acht Minuten
von Péter Farkas

Bewertet mit 3 Sternen

"Und wie die Zeit ihre Kontinuität verlor und nur noch aus einer Reihe hermetisch abgeschlossener Momente bestand, so zerfiel auch die Person, die die alte Frau mit der ersten Person Einzahl bezeichnete, in eine unglaubliche Vielzahl von Personen." - Acht Minuten, Seite 63, Péter Farkas

Titel: "Acht Minuten"

Vielleicht lag es an mir, vielleicht aber auch an Péter Farkas, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wieso dieses Buch "Acht Minuten" heißt. Bezogen auf die zeitlose Darstellung des Lebens des alten Mannes und der alten Frau innerhalb des Buches sehe ich keinen Bezug zum Titel.

Nach kurzer Recherche stellt sich heraus, dass der Inhalt des Werkes die letzten Minuten des Paares darstellen soll. Meiner Meinung nach hat sich diese Situation beim Lesen eher weniger herauskristallisiert. 

Cover: Ich muss zugeben, dass ich aufgrund des Covers nach diesem Buch gegriffen habe. Einerseits gefällt mir der Kontrast zwischen dem roten Hintergrund und den weißgepunkteten, blauen Kaffetassen im Vordergrund. Das Muster der Tapete hat etwas Beruhigendes und bringt gleichzeitig die richtige Stimmung für den Einstieg in die Lektüre. Die Mischung aus altbacken und vertraut und gemütllich zieht sich durch das komplette Buch und vermittelt dem Leser eine besser Einsicht in das innere Geschehen des Protagonisten.

Plot: Der alte Mann kümmert sich um die alte Frau. Außerdem liebt er sie vom ganzen Herzen. Es handelt sich hier um einen Liebes-Roman, der die Sichtweise auf den Alltag des alten Mannes zeigt. Er kümmert sich nicht viel um die Außenwelt und die Aktivitäten in seiner Wohnung und Umfeld, denn seine Aufgabe ist es, seine Frau zu versorgen. So wird, auf eine Art, wie ich sie selten gelesen habe, aus seiner Perspektive erläutert, wie sein Tagesablauf aussieht und wie, für den Leser liebevoll, er sich um seine Frau kümmert.

Schnell stellt sich heraus, dass die alte Frau immer dementer wird und sich dies auch auf das Zusammenleben mit dem alten Mann auswirkt. Ünverblümt und mit einer außergewöhnlichen Hingabe beschreibt der Autor Péter Farkas jedes noch so kleine Detail und vor allem die Gedanken und Gefühle der Hauptperson. Auch beim Lesen wird einem bewusst, dass die Realtität von der Sicht des alten Mannes abweicht und auch er mit den Folgen des Alterns zu kämpfen hat.

Aufgrund der immer schlechteren, gesundeitlichen Zustands des Paares spitzt sich die Lage im Laufe des Buches zu. Alles deutet auf ein näher kommendes Ende und die folgenden Konsequenzen für den verbleibenden Beteiligten. Bis zur letzten Seite war, zugegebenermaße ein bisschen gefesselt, auf den Ausgang der Geschichte gespannt.

Autor: Der Schriftsteller Péter Farkas ist mir selbst unbekannt, was aber auch daran liegen könnte, dass der Großteil seiner Werke auf Ungarisch ist. Nachdem er 1982 nach Deutschland immigrierte, wurde er unter anderem vor allem durch den hier rezensierten Roman bekannt. 

Anmerkungen: Besonders hervorheben möchte ich hier noch einmal die ungewöhnliche Erzählstruktur in Verbindung mit der inneren Einsicht in den Protagonisten. Péter Farkas beschreibt das innere Geschehen des alten Mannes mit einer außerordentlichen Hingabe und Liebe zum Detail. Normalerweise würde mich seitenlange Beschreibungen eines einfachen Vorgang eher abschrecken; dies ist hier jedoch sogar das totale Gegenteil: Ich habe förmlich jedes einzelne Wort in mich aufgesogen und genossen. 

Außerdem finde ich es bewundernswert, wie es der Autor schafft, in so einem - und vor allem so einem - Thema die Spannung zu halten. Zu keinen Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, gelangweilt zu sein; und das trotz des oben angesprochenen Schreibstils. 

Fazit: Letztendlich ist anzumerken, dass dieses Werk mehr oder minder Gechmackssache ist. Meiner Meinung nach handelt es sich um ein lesenswertes Buch, das jedoh je nach Erwartung und EInstellung des Lesers seine Bedürfnisse erfüllen wird - oder eben auch nicht. Ich für meinen Teil bin froh, in der literarischen Welt auch solche Erfahrungen machen zu können und auch außerhalb meines Wohlfühlbereichs zu tauchen. 

Verschnaufpause 

(Über eine Rückmeldung zu diesem Leseeindruck oder Hinweise auf Rechtschreibfehler o.Ä. freue ich mich sehr!)