Rezension

Achtung Sadist! Sehr spannend, ungewöhnliches „Ermittler“-Duo, unnötige Schwächen bei der Umsetzung

Post Mortem - Tränen aus Blut - Mark Roderick

Post Mortem - Tränen aus Blut
von Mark Roderick

Bewertet mit 3 Sternen

Zur Handlung möchte ich wie immer bei Krimis und Thrillern möglichst wenig verraten, nur das, was für einige Leser die Kaufentscheidung beeinflusst:
es gibt einige sehr harte Szenen mit willkürlicher sadistischer Folter im Buch, dabei sind als Opfer sowohl Frauen als auch – sehr heftig – Kinder betroffen. Es gibt Verluste im Tierreich, wenn auch eher als „Kollateralschaden“. Es gibt eine berufstätige alleinerziehende Mutter als Ermittlerin, deren Teenie-Tochter unter der Woche im Internat ist wegen der beruflichen Einbindung der Mutter (das störte einige Leserinnen in einer Leserunde, ich erwähne das nur deshalb). Für mich persönlich hätte gelangt, wenn die Lektüre „nur“ den Tod des Kindes vermittelt hätte; die Details hätte es nicht gebraucht, um darzustellen, mit was für teuflischen Gegenspielern es das ungleiche Ermittler-Team hier zu tun hat.

Mark Roderick, so das Pseudonym des deutschen Autors, kann definitiv spannend schreiben. Ich hatte das Buch in drei Abenden durch und wäre noch schneller gewesen, wenn ich nicht gelegentlich schlafen müsste…Die Kaufentscheidung wurde bei mir durch die Idee eines recht ungewöhnlichen „Ermittler“-Duos bewirkt: Das Verschwinden einer Familie, das Auftauchen einer Leiche wollen eine Interpol-Agentin und ein Profi-Killer aufklären, dieser Ansatz wurde auch glaubhaft umgesetzt. Dabei verhält sich der Profi-Killer eher wie ein Polizist, er sichert, durchsucht, befragt… - die Parallelen zur Vorbereitung eines Profikiller-Einsatzes und im Polizei-Einsatz sind so offensichtlich (einmal die Intentionen ganz außen vor gelassen), dass es eigentlich verwundert, dass das noch kein anderer Autor aufgenommen hatte. Für mich ist diese Grundsituation wirklich das, was den Roman für mich trägt.

Allerdings gibt es für mich auch einige Mängel, erst mit dem zweiten Band wurde ich richtig „warm“ mit Autor und Geschichte (ich habe den zweiten Band nach dem ersten gelesen, ihn bewusst gekauft angesichts meiner Einwände - aber vorher rezensiert, weil ich ihn einfach um einiges besser, schlüssiger finde):
Einige Handlungsstränge wirken im Band 1 nicht stimmig oder werden nicht aufgelöst. So war ich nicht die einzige, der die Entwicklung des privaten Liebesglücks von Emilia etwas zu schnell, zu „süß“ war – ohne dass hier in Band 1 ein Cliffhanger aufgebaut würde, mit Band 2 wird klar, wozu es das gebraucht hat (also wollte wohl der Autor „schnell dahin“). Auch die Sache mit Ludwig Botts Fingern wird erst im zweiten Band aufgelöst (nicht, dass man das wirklich in Band 1 bräuchte – aber es wird halt deutlich hier erwähnt).
Da der Film „Pretty Woman“ recht bekannt ist, nehme ich den als Beispiel dafür, dass auch ziemlich oft NICHT aufgepasst wurde von einer Szene zur nächsten: so ist einer der bekannteren Anschlussfehler die Szene mit Julia Roberts und Richard Gere auf einer Picknickdecke, sie zieht ihm die Schuhe aus. In der nächsten Szene liest er ihr etwas vor – und hat die Schuhe wieder an…. (soll wohl Filmminute 88 sein lt. Internetrecherche). Ungefähr in dieser Art sind mehrere Stellen im Buch: keine wirklich groben Fehler, eher Dinge, die man recht leicht hätte korrigiert haben können, spätestens im Lektoriat. So nimmt Avram das Smartphone von Emilia an sich und wirft es aus dem Fenster seines Autos. Später im Hotel hat sie es und schaut darauf Unterlagen durch, die vorher drauf waren (o.k., da gibt es so Backup-Tools via Cloud, über die man sich Unterlagen sichern kann und sie könnte ganz schnell ein neues gekauft haben – das ist auch alles nur in der Theorie so schön einfach und jemand mit Verstand speichert wohl keine Ermittlungsunterlagen in der Cloud…). Zum Beispiel hätte stattdessen Avram einfach das Phon in den Fußraum werfen und losfahren können und später findet man es im abgestellten Auto.
Diesmal also ein etwas schrägeres Fazit: Band 2 unbedingt kaufen. Und dann nach Wunsch eventuell Band 1 danach lesen. Das fände ich weniger „sperrig“ im Lesegenuss.