Rezension

Actionreiche Dystopie ohne Tiefgang

Divergent - Veronica Roth

Divergent. Die Bestimmung, englische Ausgabe
von Veronica Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Beatrice lebt in einer Gesellschaft, die in fünf Fraktionen aufgeteilt ist. Da ihre Eltern zur Fraktion der Altruan gehören, lebte sie bisher nach ihren Idealen. Doch nun ist sie 16 Jahre alt und muss selbst entscheiden, in welcher Fraktion sie die Aufnahmerituale absolvieren möchte, um Mitglied zu werden. Der obligatorische Test am Tag vor der Entscheidung soll ihr Klarheit bringen: Wird sie als Mitglied der Altruan ihren Eltern nahe bleiben oder bricht sie mit ihnen, indem sie sich einer anderen Fraktion anschließt? Doch das Testergebnis ist uneindeutig. Sie ist eine Unbestimmte, für sie kommen die Fraktionen Altruan, Ferox und Ken infrage. Beatrice wählt die Ferox, unwissend, welche Gefahr auf sie wartet: Um Mitglied zu werden, muss  sie zahllose gefährliche und nervenzerreißende Prüfungen bestehen. Als Unbestimmte schwebt sie außerdem in Lebensgefahr.

Zu Beginn des Buches lernt der Leser Beatrices Leben als Altruan kennen. Durch ihren Test und die Erntscheidungszeremonie erfährt der Leser auch einiges über die Ideale aller fünf Fraktionen und erhält einen guten Überblick. Durch Beatrices Entscheidung, zur Fraktion der Ferox zu wechseln, wird der Fokus schließlich auf diese Fraktion und ihre Aktivitäten gelegt. Über die Grundsätze der verschiedenen Fraktionen erfährt man im Buch sehr viel, warum sich diese Gesellschaft aber überhaupt entwickelt hat wird wenig gesagt, nur ein Krieg wird am Rande erwähnt. Das fand ich sehr schade, ich hätte gerne mehr erfahren. Warum ist der Fluss ausgetrocknet? Warum sind so viele Gebäude verfallen? Warum gibt es nur eine begrenzte Auswahl an Nahrungsmitteln und so wenige Früchte?

Beatrice war mir als Charakter sympathisch, ich konnte ihre Motivation aber leider nicht nachvollziehen. Warum verlässt sie das sichere Umfeld ihrer Eltern und geht zu dem Ferox, deren Leben von äußerster Brutalität beherrscht wird? Beatrice Begründung, nicht selbstlos genug für die Altruan zu sein, fand ich wenig überzeugend. Da es sich um ein Jugendbuch handelt, war ich von der Brutalität der Prüfungen, denen sich Beatrice stellen muss, überrascht. Warum nehmen so viele der Jugendlichen diese Prüfungen willentlich auf sich und riskieren, in die Slums abgeschoben zu werden, wenn man nicht zu den besten Zehn gehört, wenn die Aufnahmeanforderungen der anderen Fraktionen so viel harmloser sind? Über die Berufsaussichten der Ferox, die vielleicht eine Motivation sein könnten, wurde leider nicht viel gesagt, außer dass man ein Anführer werden oder den Zaun um die Stadt beschützen kann – vor wem, das wird im Buch aber nicht offenbart.

Das Buch hatte jedoch auch seine guten Seiten. Zum einen fand ich es spannend zu verfolgen, wie sich Beatrice in den Prüfungen schlägt. Wird sie zu den besten Zehn gehören, die Mitglieder der Ferox werden? Trotz aller Brutalität hat das Rundensystem der Prüfungen mich faszinieren können, auch wenn dieses in die Länge gezogen wurde. Auch die sich allmählich entwickelnde Beziehung zwischen Beatrice und Four hat mir gefallen. Etwa 80 Seiten vor Abschluss des Buches sind die Prüfungen dann endlich abgeschlossen. Was folgt, sind sehr spannende, dramatische letzte Seiten, die sich vom Rest deutlich unterscheiden und mein Interesse am Buch nochmals aufleben lassen konnten. Nach diesem spannenden Finale endet das Buch recht offen und macht trotz aller Schwächen doch Lust auf Teil Zwei.

„Die Bestimmung“ hat seine guten und schlechten Seiten. Die Grundidee der fünf Fraktionen, denen die Menschen angehören, ist interessant, die Hintergründe wurden aber kaum beleuchtet. Für ein Jugendbuch war das Buch außerdem sehr brutal, sodass ich es erst ab etwa 15 Jahren empfehle. Die Beschreibung der Aufnahmerituale der Ferox nehmen den Großteil des Buches ein, zum Ende hin wurde es dann aber noch einmal auch inhaltlich richtig spannend. Wer Interesse an einer Dystopie hat, deren Fokus auf Action und Gewalt liegt und weniger auf den Hintergründen der dystopischen Gesellschaft, den wird das Buch unterhalten können.