Rezension

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Addison Stone - ein Name den man nicht so schnell vergisst!

Das unvollendete Leben der Addison Stone
von Adele Griffin

(Achtung: Rezension enthält Spoiler!)

Sie ist eine junge, verrückte und wunderschöne anstrebende Künstlerin in New York. Gekonnt setzt sie ihre gefeierten Werke in Szene; weiß sich und ihre Bilder zu inszenieren. Ein richtiger Star, ein Wunderkind – von der Presse hochgejubelt. Doch plötzlich ist sie tot. Tot durch einen Sturz von der Manhattan Bridge. Ein Unfall? Selbstmord? Oder gar Mord?

Addison Stone. Diesen Namen vergisst man nicht mehr so schnell. Zumindest nicht, nachdem man dieses Buch gelesen hat. Und das, obwohl Addison nie wirklich existiert hat. Dabei hab ich wirklich und wahrhaftig daran gezweifelt! Schon nach dem Prolog – der so realistisch geschrieben war wie nur was – musste ich erst mal Onkel Google befragen, ob es diese junge Künstlerin nun wirklich gab oder nicht. Denn genau das macht den meisten Reiz der Geschichte aus: Dieses ständige Munkeln, ob Addison und ihre Werke wirklich existierten. 

Schon allein das Design diesen Buches würde von mir einen Haufen Sterne bekommen! Eine fantastische Idee, alles als Zeitungsartikel, Zitate, Mitschriften und private Bilder und Fotos zu sammeln. Das Buch besteht zum größten Teil aus Gesagtem der Betroffenen, der Freunde und der Familie von Addison. Besonders durch die Fotos wirkte Addison und ihr Leben gleich noch viel lebendiger! Und dann diese Grundidee! Gab es überhaupt schon so etwas? Eine Biografie über eine nicht lebende Person? Über eine Person, die vollkommene Fiktion ist? Ich glaube nicht, und schon allein deswegen war dieses Buch besonders reizvoll für mich. Aber kommen wir nun endlich mal zu den Charakteren, denn da ist ein bisschen der Knackpunkt...

Denn Addy... Tja sie ist nicht einfach würde ich sagen. Wie hat es ihre Freundin Marie-Claire Broyard ausgedrückt? Addison ist so erfrischend frech. Ohja, das würde ich direkt mal unterschreiben! Einerseits mochte ich diese „freche“ Art auch echt gerne: Sie ist eben eine Nummer für sich; selbstbewusst, weiß was sie will und hat immer einen lockeren und flapsigen Spruch auf den Lippen. So ganz warm wurde ich aber nicht mit ihr, allein schon deswegen weil man wenig bis gar nichts aus ihrer Perspektive und damit ihre Gedanken und Gefühle mitbekommt. Ihre Probleme und ihr Charakter blieben mir einen Tick zu sehr an der Oberfläche. Mehrfach hab ich nur gedacht: Jetzt wäre es mal interessant das alles aus Addys Sicht zu lesen. Das ist nämlich der negative Aspekt dieser „Schreibweise“: Eine, in meinen Augen, zu große Distanz zum Erzählten. Ich war mir bis zum Schluss unsicher, ob ich sie nun mochte oder nicht. Ich denke es ist eine Art Hassliebe zu ihr. Ohne die Seiten die ich an ihr hasste, wäre sie nicht die Addison gewesen, die man kennen und lieben gelernt hat. Manchmal konnte ich bei ihren verrückten Aktionen und ihrer extremen Art nur den Kopf schütteln, weil ich sie und ihr ganzes Auftreten manchmal so überzogen und unwirklich fand. Und dann gab es diese verletzliche, gefühlvolle Addison, die sich um ihre Freunde und Familie sorgte und nur das beste für sie im Sinn hatte. Diese Addison konnte man schnell ins Herz schließen! Das Problem war einfach: Man wusste nie was als nächstes passierte, oder wie sie als nächstes reagierte. Aber das ist vielleicht auch der springende Punkt: Addison war nicht normal. Sie war anders. Sie konnte man nicht in eine Schublade stecken. Sie war einfach Addison. Eine eigene verrückte und komplizierte Spezies für sich! Ich weiß nicht wie genau ich es erklären soll, was mich an Addy „gestört“ (gestört ist vielleicht auch das falsche Wort...) hat. Im Grunde genommen war es ihr Gesamtbild, und die Entwicklung ihrer Krankheit, die mich ein bisschen von ihr entfremdet hat. Dadurch, dass sie sich durch diese Krankheit auch ein Stück weit von sich SELBST entfernt hat, war sie einfach nicht mehr DIE Addy, die man zu Anfang kennengelernt hat. Puuuuh, ihr seht bestimmt: Addison ist ein komplizierter Mensch ;).

Wen ich auf jeden Fall mochte: Addys Freunde! Lucy war eine tolle Freundin, auf die Addison jederzeit bauen konnte, genauso wie Erickson, ein goldiger Typ :D. Ihre „Mentoren“ die Fieldbenders waren auch immer ein starker Halt für Addy, ganz im Gegensatz zu ihren Eltern. Diesem ignoranten Arsch von Vater hätte ich echt rechts und links eine klatschen können! Und dann diese Mutter! Verschließt die Augen vor der Wahrheit, und beschuldigt andere, ihre Tochter in den Abgrund getrieben zu haben; das ist aber auch nicht de feine englische Art... Dann gibt es ja noch die zwei, oder eher drei Jungs in Addys Leben. Obwohl, wenn man mal ganz ehrlich ist, Lenox ja keine allzu große Rolle in ihrem Leben in New York gespielt hat. Bleiben also noch Zach und Lincoln. Der reiche Schnösel und der hippe Künstler. Zach kann insgesamt nicht gut punkten, obwohl ich ihn alles in allem gar nicht so unsympathisch fand. Er war anfänglich der, der Addison in New York aufgefangen, und sie in die passenden Kreise eingeführt hat. So gesehen, sollte sich Addy eigentlich bei IHM bedanken, schließlich hat er sie ein wenig in diese Künstler-Welt hineingeführt. Tatsache ist aber, dass sich Zach nachher wie ein Riesenarschloch verhalten hat und seine Sympathie-Punkte leider durch diesen dämlichen Rosenkrieg zwischen ihm und Addy verlor.

Last but not Least: Lincoln. Als Traumschwiegersohn schlecht hin, fängt er Addy in einer ihrer schwärzesten Stunden auf und päppelt sie wie ein verletztes Baby-Vögelchen wieder auf. Klingt vielleicht dämlich, aber genau so habe ich die beiden immer gesehen :D. Auch wenn mir Lincoln zwischenzeitlich mit seinem „Ich kann sie nicht retten“-Gelaber gehörig auf den Geist gegangen ist, fand ich es zuckersüß wie er Addy dann doch immer wieder auf die Beine geholfen hat. Was macht man nicht alles aus Liebe? Und bei der letzten Szene (dem Telefonat zwischen Addy und Lincoln) musste ich mir fast ein Tränchen wegdrücken, so berührend war die...

Das Ende ist für mich ein weiterer klitzekleiner Kritikpunkt: Es bleibt für mich zu unvollständig. Die Frage war ja: War Addys Tod ein Selbstmord? (Achtung: Fetter Spoiler :D) Die Antwort: Vielleicht? Das finde ich enorm unbefriedigend... Insgesamt finde ich auch, dass ihre Freunde teilweise echt die Augen vor der Wahrheit verschlossen haben. So wie Addy abgedreht ist, hätte man sich denken können, dass da was nichts stimmt. Meines Erachtens hat sich ihr Tod somit zum Teil auch schon angekündigt... 

Fazit: Eine schöne, gefühlvolle und etwas andere „Biografie“ über ein wahrlich einzigartiges Mädchen, wenngleich, Addy mir manchmal zu abgedreht war. Trotzdem sehr empfehlenswert!