Rezension

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Adler-Pfadfinder, eine aussterbende Spezies

Die Herzen der Männer
von Nickolas Butler

Bewertet mit 5 Sternen

Der 13jährige Nelson hat keine Freunde. Weder im Pfadfinder-Feriencamp, noch zuhause in Eau Claire, Wisconsin. Vielleicht könnte man den 15jährigen Jonathan als Freund bezeichnen, allerdings verhält er sich nicht immer so loyal, wie man es von einem Freund erwarten sollte. Nelsons Vater, der den Jungen ins Camp begleitet, ist ein mit dem Leben und seiner Ehe unzufriedener Sadist, der ihn gerne verprügelt und auch die Mutter, zu der er ein gutes Verhältnis hat, kann Nelson nicht vor ihm beschützen.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1962. Nelson ist das, was man einen guten Jungen nennt, was ihn aber in den Augen der Gleichaltrigen zum Gespött macht. So lassen sich die anderen Jungs im Feriencamp alle möglichen Gemeinheiten einfallen, um ihn zu demütigen. Nur einer sieht, was in ihm steckt: der Leiter des Feriencamps, Pfadfinderführer Wilbur, dem Nelson eine Menge verdankt, nachdem sein Vater endgültig das Weite gesucht hat.

Die zweite Zeitebene spielt im Jahr 1996. Nelson und Jonathan sind inzwischen erwachsene Männer, Jonathan ist verheiratet und fährt mit seinem Sohn Trevor in das Pfadfinderlager seiner Jugend, wo Nelson inzwischen die Stelle des Pfadfinderführers bekleidet. Zuvor will er dem Teenager jedoch ein paar Fakten des Lebens näherbringen und ihm seine romantische Vorstellung von Liebe austreiben.

Diesen Teil des Buchs fand ich sehr grausam. Dem Vater ist viel daran gelegen, dass Trevor seine Freundin Rachel betrügt, allerdings will er damit lediglich die Tatsache rechtfertigen, dass auch er seit Jahren fremdgeht.

Der dritte Handlungsstrang spielt im Sommer des Jahres 2019. Wir wissen inzwischen viel über Nelson und Jonathan und wie es ihnen im Leben ergangen ist. Im Jahr 2019 begleiten wir Rachel, Trevors Frau, und ihren Sohn Thomas ins Pfadfinderlager. Thomas hat eigentlich gar keine Lust darauf, denn Pfadfinder sind mittlerweile ein Auslaufmodell. Die anderen Jungs im Lager werden von ihren Vätern begleitet, die nicht begeistert davon sind, eine weibliche Begleitperson in ihrer Mitte zu haben. Ein besonders unangenehmer Zeitgenosse ist der eingebildete Dr. Platz, der sogar versucht, Rachel durch Bestechung loszuwerden. Als dies nicht gelingt, ersinnt er einen perfiden Plan...

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Ich mag Geschichten, in denen man die Entwicklung der Hauptpersonen über einen längeren Zeitraum mitverfolgt. Nickolas Butler ist es sehr gut gelungen, den Leser zu fesseln und an den Ängsten und Sorgen, Hoffnungen und Freuden seiner Charaktere teilhaben zu lassen.