Rezension

Äußerst amüsant und typisch Austen

Lady Susan - Jane Austen

Lady Susan
von Jane Austen

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

Diese Ausgabe umfasst einen Briefroman ("Lady Susan") sowie die Anfänge zweier nicht vollendeter Romane ("Die Watsons" und "Sandition") von Jane Austen.
Lady Susan erzählt von der intriganten und manipulativen Witwe Lady Susan, die nach einem von ihr ausgelösten Skandal die Familie ihres verstorbenen Mannes besucht und dort gleich beginnt, den Bruder ihrer Schwägerin um den Finger zu wickeln,
und nebenbei versucht, ihre Tochter zu verkuppeln.
In "Die Watsons" kehrt Emma Watson, die von ihrer Tante aufgezogen wurde, zu Ihrer Familie zurück und wird dort im Rahmen eines Balls gleich in die Gesellschaft aufgenommen.
"Sandition" wiederum handelt von Charlotte Heywood, die vom Ehepaar Parker mit in einen Küstenort namens "Sandition" reist, auf den Mr. Parker große Stücke hält.

Meinung

Diese Texte waren die letzten von Jane Austen geschriebenen und veröffentlichten, die mir noch zu meiner Sammlung fehlten, und wie auch bei den meisten ihrer Romane habe ich die Lektüre sehr genossen.

Eine der Eigenheiten, die Austen als Autorin so besonders und ihre Werke so amüsant machen, ist definitiv ihre Art, Figuren zu beschreiben und zu charakterisieren. Man merkt, wieviel Zeit sie mit dem Beobachten von Menschen und dem Anstellen zynischer Überlegungen verbracht haben muss, denn ihre Figurenbeschreibungen sind oftmals schonungslos realistisch und ehrlich und herrlich böse. Nicht einmal ihre Heldinnen und deren zukünftige Ehemänner kommen bei ihr ausnahmslos gut weg und sie scheut sich nicht, den Figuren all die negativen Attribute zu attestieren, die man auch aus dem Alltag bei Menschen beobachten kann.
Das macht die Figuren in ihren Werken so lebendig und die Geschichten und Dialoge umso unterhaltsamer und Figuren dieser Art sind auch in diesen drei Texten zu finden.

"Lady Susan" setzt auf dieses Prinzip noch eins drauf, da Austen hier die Figuren nicht direkt charakterisiert sondern indirekt durch die Worte der Figuren selbst oder die Beschreibungen anderer in Briefen. Da Lady Susan so unfassbar falsch und unsympathisch ist, liest sich der Briefverkehr zwischen ihr und ihrer Freundin Mrs. Johnson, ihr und ihrer Familie und ihren Familienmitgliedern untereinander äußerst erheiternd, da deutlich wird, wie wenig sie sich selbst einer Schuld bewusst ist, dass sie stets nur an sich denkt und wie scheinheilig sie sich gegenüber Menschen gibt, von denen sie etwas braucht.
Leider bricht der Roman gefühlt mitten in der Geschichte ab, was von der Autorin damit erklärt wird, dass die betreffenden Personen sich trafen und somit keine Briefe mehr an einander schickten. Das klingt zwar vernünftig, man fragt sich jedoch, ob es nicht einen anderen Weg gegeben hätte, denn so wird der restliche Verlauf der Geschichte nur noch sehr knapp in einem abschließenden Text angerissen, was einen mit einem Gefühl der Unvollständigkeit zurücklässt.

"Die Watsons" beginnt wiederum wie ein typischer Austen-Roman mit einer sympathischen, besonnenen Heldin inmitten einer scheinbar sehr speziellen Familie, die in die höhere Gesellschaft eingeführt wird. Diese Gesellschaft ist ebenfalls geprägt von sehr eigenen Charakteren, bei denen schnell deutlich wird, wie die Geschichte wohl ausgegangen wäre, hätte Austen sie beendet. Dennoch macht es Spaß, dieses Fragment zu lesen, da Emma als Heldin und einige der anderen Figuren sehr sympathisch sind und man auch gerne erfahren würde, was mit den unsympathischeren der Figuren passiert, die bei Austen schließlich oft ihr Fett wegkriegen.

In "Sandition" widmet Austen sich einem speziellen Thema, dem Kranksein. Genauer gesagt den zu großen Teilen eingebildeten Krankheiten derer, die es sich finanziell und zeitlich leisten konnten, krank zu sein, und über die Austen sich in charmanter Weise und in Form weiterer schräger Figuren lustig macht.
Leider ist auch diese Geschichte nur ein Fragment, sodass die wenigen vorhandenen Seiten gerade einmal als Einführung der wichtigsten Personen fungieren und noch nicht viel passiert. Auch die Heldin Charlotte bleibt so noch etwas blass.

Fazit

Genau wie ihre anderen (vollständigen) Romane erheitern auch Jane Austens "Lady Susan", "Die Watsons" und "Sandition" besonders durch die urkomischen und schonungslos ehrlichen Figurenbeschreibungen und die Dialoge ebendieser Figuren. Dass der Briefroman ein sehr abruptes Ende findet und die beiden anderen Romane nie beendet wurden, ist jedoch schade, da den Geschichten so einiges fehlt. Für Austen Fans ist dieses Büchlein dennoch zu empfehlen; ich vergebe 4 Sterne.