Rezension

Aktionsgeladen und spannend, aber emotionale Tiefe fehlt

Die Klasse - Dominik W. Rettinger

Die Klasse
von Dominik W. Rettinger

Bewertet mit 3 Sternen

Der Drehbuchautor Dominik W. Rettinger schrieb den Politthriller "Die Klasse“. Das Buch wurde aus dem Polnischen übersetzt von Marta Kijowska und erscheint im Paul Zsolnay Verlag. Grundlage dieses Buches sind riesige Rohstoffvorkommen von Titan im polnischen Nordosten, die aber aus ökologischen Gründen nicht mehr abgebaut werden dürfen. Doch skrupellose Großkonzerne, korrupte Politiker und Kriminelle versuchen, damit ihren Gewinn zu machen.

Der Radiomoderator Adam Wierzbicki ist gerade live auf Sendung und erhält einen merkwürdigen Anruf seines Schulfreundes Piotr Lasota. Dieser wurde zusammengeschlagen und bittet Adam um Hilfe. Adam besucht ihn im Krankenhaus und gerät in den Besitz eines U-Bahn Tickets auf dem ein Code vermerkt ist. Die Verfolger Piotrs hatten es wohl auf genau diesen Code abgesehen und so gerät auch Adam in die Schusslinie der Verbrecher.

Das Buch startet sofort inmitten einer spektakulären Prügelszene, um dann ohne große Übergänge in die Radiomoderation von Adam Wierzbicki überzugehen.
 

Das schafft ein hohes Spannungslevel, was mich sofort in die Handlung gezogen hat. Dennoch hatte ich im weiteren Verlauf der Handlung Mühe, die unterschiedlichen Personen auseinanderzuhalten. Nicht immer war mir sofort klar, ob es sich nun um Verbrecher, Geheimdienst oder gute Figuren handelte.
Adam und seine Familie beschreibt der Autor authentisch wirkend und mit eindeutigen Charakterzügen und Merkmalen, die sie sympathisch machen. Die anderen Figuren der Handlung werden jedoch mehr oder weniger nur skizziert, sie agieren oder kämpfen, ohne dass ich mir von ihnen ein genaues Bild machen kann.

Die Handlung ist durch die reichlichen Szenenwechsel, häufigen Überfälle und Verfolgungsjagden recht dramatisch und mit einem hohen Spannungsbogen versehen. Auf mich wirkte das Ganze jedoch reichlich gehetzt und zu aufgeregt. Die vielen Wechsel haben mich ziemlich überfordert. Außerdem hätte ich mir zum besseren Verständnis eine Kapiteleinteilung gewünscht, die die Szenerie etwas besser gegliedert hätte. Auch wurden mir diese vielen Übergriffe allmählich zu viel. Ich hatte das Gefühl, ein Drehbuch für einen Film vor mir zu haben. Als Buchvorlage fehlen mir die Tiefen und besonders einige Ruhepunkte, um die Handlung gedanklich abzuspeichern. So hetzte ich gemeinsam mit Adam und Co durch die Szenerie, immer mit den Verfolgern im Nacken.    

Dieser Thriller spielt in Polen und zeigt die skrupellose Seite von Spionen und Verbrechern auf. Vom Land und seinen Bewohnern erfährt man nicht sehr viel. Als spannende Geschichte kann ich dieses Buch empfehlen, als Thriller mit unterschiedlichen Beweggründen der verschiedenen Personen leider nicht. Hier hatte man Mühe, die Verstrickung der Handelnden zu durchschauen.

Vielleicht bekommt dieses Buch als Verfilmung mehr Intensität und eindeutig gespielte, bildhafte Charaktere lassen die Hintergründe und Vernetzungen klarer hervortreten. So aber fehlt mir eine allgemeine emotionale Tiefe der Personen und ich bin bei den vielen Gewaltakten zwar geschockt, aber dennoch recht unbeteiligt.
 

Ich empfehle dieses Buch allen, die aktionsgeladene Handlung mögen und sich von Gewalttaten nicht abschrecken lassen. Allerdings ist das Spiel von Gut und Böse auch schwer zu durchschauen.