Rezension

Aktueller denn je

Auf manche Nacht folgt kein Tag - Leonie Haubrich

Auf manche Nacht folgt kein Tag
von Leonie Haubrich

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist die Geschichte von Mia und Walter. Beide verbindet so gar nichts miteinander. Sie kennen sich nicht einmal und doch werden sie durch unvorhergesehene Ereignisse, auf eine fast grausame Art und Weise miteinander verbunden. Beide sind durch Zufall am falschen Ort zur falschen Zeit.
Mia, ein kleines Mädchen welches mit viel Phantasie gerade Robin Hood ist und dem Sheriff von Nottingham entgehen will, beobachtet auf einem Grundstück ein Ehepaar. Ihr wird schnell klar, dass da was nicht stimmt, denn der Mann zieht sich beim Aussteigen aus dem Auto gerade eine Strumpfmaske vom Gesicht. Als dann durch Zufall auch noch die Tasche herunterfällt und viele Geldbündel auf die Pflastersteine rutschen, ist Mia schnell klar, dass sie das lieber nicht gesehen hätte. Da sie aber noch klein ist, kann sie ihre Emotionen nicht kontrollieren und wird so entdeckt.

Walter ist ein alter Mann. Er lebt in seinen Erinnerungen an seine Frau. Und genau diese Erinnerungen führen dazu, dass er genau an diesem Tag mit dem Fahrrad dem Paketboten hinterher fährt, um ein für ihn lang ersehntes und wichtiges Paket doch noch zu erhalten. Auf der „Verfolgungsfahrt“ verunglückt er mit dem Fahrrad und kommt ins Krankenhaus. Seine Sorge um seinen Mantel am Unfallort, den er von seiner verstorbenen Frau vor vielen Jahren erhielt, nimmt keiner zur Kenntnis. Dieser vermeintliche Verlust des Mantels führt letztlich dazu, dass er, gerade erst operiert und auf Krücken, sich auf die Suche am Unfallort nach seinem Mantel begibt. Den findet er nicht. Aber er entdeckt eine winzige Haarschleife eines Mädchens. Deren Vermisstenmeldung hatte er kurz zuvor im Krankenhaus gelesen. Walter, der eigentlich nur für seine Erinnerungen lebt, fühlte sich bereits im Krankenhaus vom Bild des vermissten Kindes extrem angesprochen. Sie erinnert ihn an seine verstorbene Frau. Umso mehr bedrückt ihn das ungeklärte Schicksal dieses Kindes. Und dann findet er ihre Haarschleife. Das ist für ein Zeichen, er muss etwas unternehmen. Sein sofortiger Anruf bei der Polizei wird nur bedingt ernstgenommen. Aber Walter lässt nicht locker.

Wie es letztlich ausgeht, was alles noch geschieht, dass muss jeder schon noch selbst lesen. Und ich verspreche beim Lesen viel Spannung und auch Dramatik.

Leonie Haubrich ist es gelungen, einen absolut spannenden Psychothriller zu schreiben. Abwechselnd lesen wir von beiden Protagonistin, von ihren Gedanken, Ängsten und auch ihrer Hilflosigkeit in der jeweiligen Situation. Beide Protagonisten, Mia und Walter, entwickeln sich im Thriller und es war für mich bewundernswert, wie viel Kraft und Energie beide aufgewendet haben, um ihrem Schicksal zu entkommen. Walter, dem es gelingt, seiner Lethargie und der Trauer um den Tod seiner Frau vor vielen Jahren doch noch zu entkommen, weil er das Ziel hat Mia zu retten – und Mia, die nichts unversucht lässt, um irgendwie zu überleben und zu fliehen. In diesem Prozess bekommen wir als Leser Einblicke in die Gefühle und Gedanken von beiden, die so wunderbar und vor allem in jeder Einzelheit beschrieben sind. Das ist es auch, was mich beim Lesen so mitfiebern ließ. Und es machte auch beim Lesen ein Stück weit Hoffnung für andere verschwundene Kinder, deren Schicksal – so wie gerade aktuell – ungewiss ist.

Danke für dieses wunderbar, spannende Buch!