Rezension

Aktzeptanz des Schmerzes

Was zu dir gehört - Garth Greenwell

Was zu dir gehört
von Garth Greenwell

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung: 
Der nie namentlich erwähnte Erzähler dieses Debüts trifft in Bulgarien auf Mitko, der ihm dank Geld so nah und doch immer viel zu fern sein wird. Ausser Mitko werden alle Namen mit dem Anfangsbuchstaben abgekürzt, niemand sonst scheint von Wichtigkeit zu sein. Es wirkt wie in einem von denen Pornofilmen in denen man nie Gesichter sieht, eine Leinwand für jeden sich selbst darauf zu projezieren. Eingeteilt in 3 Abschnitte beginnt und endet unser Abenteuer mit Mitko. Auf erschreckend ehrliche Art beschreibt Garth bis ins Detail von seiner Zeit mit der käuflichen Zuneigung und trotz der wundervollen Sprache, ist er doch Poet, wird schnell ein Gedanke wach: Wieviel ist biografisch?
Kann Jemand, der diese Situationen nicht gefühlt, nicht durchlebt hat, wirklich so darüber schreiben?
Garth Greenwell hat als Lehrer in Bulgarien gearbeiten. Soviel ist gewusst.
Teil 2 dieses Juwels der beklemmenden Sehnsucht nach Erfüllung und Sicherheit konzentriert sich auf die Vergangenheit unseres Protagonisten. Aufarbeitung seiner Jugend, der Vernachlässigung seiner Eltern und dem ersten Herzbruch führen den Leser tiefer hinein, lösen aber auch die Illusion des leeren Blattes. Der Amerikaner wird dreidimensional, man kann sich nicht mehr einreden, man selbst verliere sich an der verbotenen Frucht, diesem Jüngling den man auf einen Sockel stellen konnte.

"Der Schmerz des Ausgeschlossenseins und die Lust des Begehrens - manchmal glaube ich, es ist das Einzige, wonach ich je gesucht habe."

Die Machtausübung ist auf beiden Seiten betörend. Mitko, der weiss wie ergeben ihm der Ausländer ist, der glaubt etwas gegen ihn in der Hand zu haben und unser Tourist, der Mitko zwar nichts ausschlagen kann, aber dennoch mit Geld über ihn herrscht.
Der dritte Abschnitt wird von Kummer beherrscht. Und Garth weiss, wie er den Leser mit einer ordentlichen Portion Liebes- und Buchkummer zurücklässt.
Jeder Satz hat hier einen Nutzen, nichts steht hier ohne Grund. Versucht man etwas zu überspringen, ist man gezwungen zurückzurudern, um zu verstehen was vorgefallen ist. Viel passiert, viel wird gesagt auf den 240 Seiten.