Rezension

Allein in London

Im Labyrinth von London - Manfred Lafrentz

Im Labyrinth von London
von Manfred Lafrentz

Bewertet mit 5 Sternen

„...Manchmal musste man tun, was man für richtig hielt, auch wenn es womöglich etwas anderes war, als alle anderen wollten...“

 

Wir schreiben das Jahr 1403. Jakob ist mit seinem Vater, dem Kaufmann Henning Thidemann, auf den Weg nach London. Er soll den Vater ins Kontor der Hanse begleiten und dann für einige Monate bei einem Tuchmacher in die Lehre gehen. Doch das Schicksal will es anders. Kaum in London angekommen, ist Jakob plötzlich auf sich allein gestellt, denn sein Vater wird des Mordes beschuldigt.

Der Autor hat einen spannenden Jugendroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.

Der Schriftstil ist leicht verständlich. Dazu trägt bei, dass die historischen Fakten und Zusammenhänge gut erklärt werden. Schon auf der Schiffsreise wird deutlich, dass es zwischen den Kaufleuten und der Besatzung große Unterschiede gibt. Das zeigt sich insbesondere bei der Auseinandersetzung von Jakob mit dem Schiffsjungen.

Bei den Gesprächen von Jakob mit einem Vater werden die Vorteile der Hanse für die Kaufleute gut herausgearbeitet. Im Stalhof in London wird deutlich, dass auch die deutschen Kaufleute einander nicht immer grün sind. So gibt vor allem unter den Jüngeren Auseinandersetzungen zwischen denen der Hanse und den Kölnern, die den Stalhof einst bauten. Da die Engländer den deutschen Kaufleuten ihre Privilegien neiden, gelten im Stalhof exakte Regeln.

Nach den Anschuldigungen gegen seinen Vater verlässt Jakob den Stalhof und taucht in London unter. Dabei fällt das Eingangszitat. Um Überleben und vielleicht sogar seinem Vater helfen zu können, muss Jakob lernen, anderen zu vertrauen, auch wenn ihn sein Vertrauen auf dem Schiff fast in Lebensgefahr gebracht hat. Auf seinen Wegen kommt er mit den dunklen Seiten der Stadt in Berührung. Er begreift, wie privilegiert er bisher war. Allerdings wird auch deutlich, dass das Leben der Kaufleute ebenfalls kein Zuckerschlecken ist. Der Verlust der Ware stellt deren Existenz häufig infrage. Sollte Jakobs Vater verurteilt werden, gehört die Familie ab sofort zu den Ausgestoßenen.

Als Gegenpol zu Jakob gibt es den Protagonisten Jan. Er ist nur wenig älter als Jakob, hat aber weder die Chance, eine Handwerk zu lernen, noch je in die besseren Stände aufzusteigen. Das liegt an seiner Herkunft. Als Slawe sind ihm viele Wege verbaut. Er träumt deshalb von eine Karriere als Seeräuber, blendet aber bewusst die Gefahren aus.

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sehr gut herausgearbeitet wurde Jakobs innere Entwicklung. Er hat begriffen, dass Äußerlichkeiten und Besitz nicht entscheidend sind. Er hat Hilfe erfahren von einer Seite, von der er sie so sicher nie erwartet hätte.