Rezension

Als hätte die Autorin einem aus der Seele geschrieben

Daughter of Smoke and Bone - Laini Taylor

Daughter of Smoke and Bone
von Laini Taylor

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch bisher "nur" zweimal auf Deutsch gelesen und das vor einigen Jahren. Da es zu einem meiner Lieblingsbücher gehört, dachte ich, dass ich es mir auch ein drittes Mal gönnen kann. Dieses Mal dann aber auf Englisch. Dass ich ein Buch mehrmals lese, das gleicht eigentlich einem Wunder. Warum ich dieses Buch gleich dreimal gelesen habe, das erläutere ich in dieser Rezension.

Karou ist eine tolle Protagonistin. Endlich mal ein Mädchen, dass auch unabhängig von ihrem Love Interesst Entscheidungen treffen kann. Dass sie ein Charakter mit einer eigenen Persönlichkeit ist, zeigt sich dadurch, dass sie ohne die Hilfe von anderen sich selber helfen kann. Es gibt keine einzige Stelle im Buch, in dem sie mich aufgeregt hätte. Ihr Verhalten ist stets begründet und auch im Alleingang treibt sie die Handlung voran, so wie es eine gute Protagonistin auch tun sollte.

Akiva ist der Love Interesst und der männliche Protagonist. Er ist keiner dieser Spielchen-Typen, dass er sie mag und sich zu ihr hingezogenfühlt, verschleiert er in keiner Szene. Anders viele seiner Artgenossen hat er Schuldgefühle und innere Konflikte, die sehr interessant zu beobachten waren.
Wenn man Glück hat, trifft man auf einige interessante Charaktere in Büchern. In diesem Buch sind alle Charaktere interessant. Das liegt daran, dass jeder einzelne Charakter eine eigene Geschichte hat. Jeder lebt sein eigenes Leben und dient nicht nur dazu, die Handlung voranzutreiben, wenn die Protagonisten mal auf der Leitung stehen. Die Nebencharaktere sind so bezaubernd, dass ich am liebsten ein ganzes Buch über jeden von ihnen lesen würde. Angefangen mit der quirligen Zuzanna, mit Issa, Izil und mein Lieblingsnebencharakter Brimstone.

Was kann man von einem Buch erwarten, wenn man liest, dass es darin um Chimären, Engel und Portale geht? Auf dem ersten Blick passen diese Zutaten nicht richtig zusammen, aber sobald man das Buch aufschlägt und anfängt zu lesen, wird man in diese Welt hineingezogen.
Zu viel will ich nicht verraten, denn das würde nur den Zauber zunichte machen und das möchte ich niemandem antun. Es reicht zu sagen, dass man aus der Welt, die Laini Taylor erschaffen hat, gar nicht mehr auftauchen mag.

Die Handlung ist immer spannend. Es passiert ständig etwas, dabei muss es nicht immer explossiv und Hardcore-Hollywood-Action sein. Subtile Spannung zieht sich durch das ganze Buch. Man fühlt sich weder durch die Seiten gehetzt, noch kommt Langatmigkeit auf. Am Ende setzten sich die Puzzelteile zu einem großen Ganzen zusammen, das einem die Luft zum Atmen nimmt, einen bezaubert und gleichzeitig auch neue Fragen aufwirft.

Das Buch besticht durch seine Schönheit. Durch seine innere und seine äußere Schönheit.
Laini Taylor schreibt so, als würde sie die Geschichte mit Glitzerfäden um den Leser herumweben. Einige Sätze gleichen Poesie, die Metaphern sind so ungewöhnlich und herzzerbrechend schön, dass ich auch beim dritten Lesen Gänsehaut hatte und seufzen musste. Obwohl sie so schreibt, dass man sich so fühlt, als wäre man in dem Buch, übertreibt sie es kein einziges Mal. Sie verliert sich nicht in Beschreibungen, wie so manch einer. Jede Beschreibung dient einem Zweck und ist mit Handlung verbunden, weshalb keine Langatmigkeit oder Langeweile beim Leser ankommen.
Etwas ganz Besonderes, was dieses Buch hat, sind die Botschaften, die mitschwingen, ohne dass sie belehrend wirken.Während in den meisten Büchern die Guten wunderschön aussehen und die Bösen nicht so schön, bricht Laini Taylor hier mit dem Irrglauben, dass Schönheit gleich Gutsein bedeutet.
Sehr schön ist auch, wie man Völkerhass und Krieg betrachtet. Hier wird nicht einfach nur behauptet, dass Völkerhass und Krieg schlecht sind. Vielmehr wird dem Leser gezeigt, weshalb sie schlecht sind. So wird dem Leser die Freiheit gewährt, sich seine eigenen Gedanken zu machen.

In der Kürze liegt die Würze:
Kennt ihr diese Bücher, die ihr lest und hinterher denkt, dass der Autor euch in die Seele geschaut hat und dann ein Buch geschrieben hat? Dieses Buch ist eines dieser wenigen, die einem dieses Gefühl geben.

Bewertung:
Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass der erste Band der Trilogie sehr viel erklärt. Man wird als Leser in die mystische Welt von Karou und Akiva eingeführt. Die Grenzen zwischen der realen und der anderen Welt sind so fließend, dass man als Leser sich heimisch in diesem Buch fühlt.
Chimären, Engel, Prag, Marakesch. Alles fühlt sich so unglaublich real, frisch und unverbraucht an.
Das Rad kann man nicht neu erfinden, aber Laini Taylor zeigt mit Daughter of Smoke and Bone, dass man mit bekannten Zutaten auch ein anderes und ungewöhnlich tolles Gericht zubereiten kann. Wenn am Ende all die losen Enden sich verbinden und alles einen Sinn ergibt, grenzt das Erlebnis einer Offenbarung.
Hut ab, Mrs. Taylor, fünf Herzchen reichen für diesen Lesegenuss nicht aus.

Das Buch könnt ihr getrost auf Englisch lesen. Einige Wörter müssten nachgeschlagen werden, jedoch sind das wirklich nicht viele und die Schreibweise der Autorin ist im Originalen unschlagbar.
Ja, ich weiß, dass ich total ins Schwärmen geraten bin.

Fun Fact:
In der Kurzgeschichte Night of Cake and Puppets geht es um Karous beste Freundin Zuzanna.
Die Kurzgeschichte sollte man nach dem zweiten Band lesen und bisher ist sie nicht auf Deutsch erhältlich