Rezension

Als Thriller ziemlich hanebüchen...

Ragdoll - Dein letzter Tag - Daniel Cole

Ragdoll - Dein letzter Tag
von Daniel Cole

Bewertet mit 2.5 Sternen

Der umstrittene Detective William Oliver Layton-Fawkes, genannt Wolf, ist nach seiner Suspendierung wieder in den Dienst bei der Londoner Polizei zurückgekehrt. Wolf ist einer der besten Mordermittler weit und breit. Er dachte eigentlich, er hätte schon alles gesehen. Bis er zu einem grausigen Fund gerufen wird. Sechs Körperteile von sechs Opfern sind zusammengenäht zu einer Art Lumpenpuppe, einer »Ragdoll«. Gleichzeitig erhält Wolfs Exfrau eine Liste, auf der sechs weitere Morde mit genauem Todeszeitpunkt angekündigt werden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, doch der Ragdoll-Mörder ist der Polizei immer einen Schritt voraus. Und der letzte Name auf der Liste lautet: Detective William Oliver Layton-Fawkes...

Gerade einmal zwei Tage habe ich zum Lesen der 480 Seiten benötigt, was sicherlich für den flotten Schreibstil spricht, für die kurzen Kapitel, die zum fortlaufenden Weiterlesen motivieren, für die Neugierde, die beim Lesen entsteht: wer oder was steckt eigentlich hinter all dem Grauen, das sich hier offenbart?

Der Anfang war auch durchaus vielversprechend, die grausige Entdeckung der 'Ragdoll' warf viele Fragen auf - vor allem, wer die einzelnen zerstückelten und aneinandergenähten Opfer überhaupt waren und weshalb sie getötet wurden. Doch rasch gerieten diese Fragen eher in den Hintergrund, weil der Täter einem TV-Sender eine Liste zuspielte, auf der sechs Namen standen - weitere Opfer mitsamt dem jeweiligen angekündigten Todesdatum. In erster Linie galt es daher zu versuchen, den möglichen zukünftigen Opfern ausreichend Schutz zu gewähren - die Ermittlungen in Sachen 'Ragdoll' liefen deshalb eher nebenher. Schon da drängte sich mir der Eindruck von 'zu viel' auf.

Dieser Eindruck verstärkte sich im Laufe des Lesens noch - zu viele Personen, zu viele Informationen, die nicht alle wirklich relevant waren, zu viele Pannen und Zufälle sowie zu viele Handlungsstränge. Dabei wurde auf die Perspektive des Täters komplett verzichtet, was bei mir wiederum ein Gefühl von 'zu wenig' hervorrief. Auch dieses 'zu wenig' zog sich durch den Thriller - zu wenig tatsächliche Ermittlungsarbeit, zu wenig Hintergrundinformation, und viel zu wenig Plausibilität.

Eine der großen genannten Schwächen ist die eigentliche Ermittlung - der einzige, der da wirklich am Ball bleibt, ist der 25jährige Edmunds, der gerade aus dem Betrugsdezernat in die Abteilung für Kapitalverbrechen versetzt wurde und entsprechend bislang keine Erfahrungen mit dieser Art von Ermittlungen hat. Ausgerechnet dieser Neuling hat dann die entscheidenen Ermittlungsergebnisse vorzuweisen, erstellt ein Täterprofil und entwirft einige Theorien, die die Kollegen zunächst empören, die sich dann aber bald als stichhaltig erweisen. Edmunds entdeckt Zusammenhänge, die anderen verborgen bleiben, beißt sich hartnäckig wie ein Terrier an kleinsten Spuren fest und sagt schließlich sogar dem Chef, was zu tun ist. Unglaubwürdig? Finde ich auch.

Die anderen Kollegen haben jedoch zu viel damit zu tun, kleinere und größere Geheimnisse zu verbergen und vor allem damit, ihre Klischees zu erfüllen. Wolf, der Einzelgänger, der schon zu viel Leid und Unrecht gesehen hat und darunter leidet, der, wie der Prolog bereits verrät, schon einmal den Grat zwischen Gut und Böse verlassen hat und dafür zahlen musste (was sucht der eigentlich noch im aktiven Polizeidienst, jetzt ernsthaft mal?), der nichts von Teamarbeit oder Anweisungen von oben hält, der sich aber einige offenbar unverbrüchliche Freundschaften zugute halten kann. Emily Baxter, resolute und toughe Frau, die jedem einen derben Spruch drückt, der ihr vor die Nase kommt, die Einsamkeit in Alkohol ummünzt und die alles tut, um zu demonstrieren, dass sie sich trotz ihrer zierlichen Gestalt durchaus zu behaupten weiß. Der Chef, der sich angesichts der schleppenden Ermittlungen wiederum seinem Vorgesetzten gegenüber ständig rechtfertigen muss und dafür den Druck auf seine Abteilung erhöht, dazu der Kampf gegen die reißerischen Medien... Nichts Neues und in den Rollen vielfach vorhersehbar.

Abgesehen von den Schwächen der Ermittlungsarbeit (geht es hier überhaupt darum?) und den durchweg klischeehaft besetzten Charakteren hätte der Thriller Potential gehabt. Doch im letzten Drittel der Erzählung habe ich nur noch mit den Ohren geschlackert. Eine Überraschung? In jedem Fall. Allerdings letztlich mit vielen unglaubwürdigen Szenen, gespickt mit zufällig passenden Zufällen und reichlich zurückbleibenden Fragezeichen. Wer wusste was und woher so plötzlich? Hier habe ich oft gestaunt. Zurück bleibt aber auch tatsächlich die Frage, weshalb hier ein Mehrteiler geplant ist. Wie zum T... soll das überhaupt gehen?

Insgesamt war dieser Thriller für mich ein bemühtes Debüt mit einigen guten Ansätzen, jedoch auch mit vielen Schwächen in der Umsetzung. Letztlich ein Pageturner, der mich etwas ratlos zurücklässt...

© Parden