Rezension

Alter ist nur eine Zahl

Jung und Jünger - Leni Ohngemach

Jung und Jünger
von Leni Ohngemach

Bewertet mit 5 Sternen

Lustig, frech und regt zum Nachdenken an. Gelungenes Gesamtkonzept

Seit unzähligen Jahren ist Vera der kreative Kopf hinter Star-Designer Yves beim Modelabel Virgo. Als sich Yves eine Auszeit gönnt scheint endlich Veras Chance gekommen zu sein Chef-Designerin zu werden. Doch die neue Chef-Etage ist von der Idee nicht so begeistert. Ihr Urteil ist knallhart: Vera ist zu alt; ein junges, frisches, unverbrauchtes Talent muss her.

Vera fällt aus allen Wolken und erst mal am Boden zerstört. Doch ganz so leicht gibt sie auch nicht auf und erschafft sich selbst einfach neu. Als ihre eigene Nichte, 24 Jahre alt, neu, frisch und unkonventionell, kehrt sie zu Virgo zurück und bekommt den Job als Chef-Designerin.

Doch zwei Leben gleichzeitig zu führen ist gar nicht so einfach wie sich das Vera/Luna vorgestellt hat. Und das ist der Auftakt für viele lustige Komplikationen.

Bereits der Einstieg ins Buch ist sehr rasant, man befindet sich mittendrinnen im Vorbereitungsstress einer Modenschau. Die Perspektive wird mehrmals gewechselt, viele Dinge werden nur kurz angedeutet ohne genauer beschrieben zu werden. Und im gleichen Tempo geht es weiter. Für viele Leser bestimmt sehr gewöhnungsbedürftig, aber sehr stimmig zum Thema des Buches. Denn auch die Modewelt selbst ist gekennzeichnet durch eine Schnelllebigkeit. Was heute noch in ist, kann morgen schon wieder out sein.

Bei den Personenbeschreibungen ist Autorin Leni Ohngemach teilweise sehr zurück haltend, so erfährt der Leser erst relativ spät welche Haarfarbe bzw. Haarlänge Vera wirklich hat. Dem Kleidungsstil der Protagonisten wird dafür ein wenig mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Auch hier merkt man sehr stark, dass der Fokus des Buches auf der Modebranche liegt. Ich persönlich habe dies allerdings nicht als störend empfunden.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen und ich wollte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Vor allem weil sich die Autorin selten mit langen Erklärungen aufhält wird das Buch an keiner Stelle langatmig oder gar langweilig. Ganz im Gegenteil, es ist spritzig, frech, modern und sehr unterhaltsam. Der Humor kommt auf keinen Fall zu kurz.

Doch „Jung und jünger“ ist mehr als ein spritziger Frauenroman über die Modewelt. Leni Ohngemach schafft den Spagat zwischen leichter Unterhaltung und dem Thema Altersdiskriminierung. Gerade letzteres spielt im Buch eine große Rolle und wird sehr gut in das Gesamtkonzept integriert. Diskriminierung in jeglicher Form ist heutzutage ein schwieriges Thema. War es vor einigen Jahren noch völlig normal in Stellenanzeigen Alters- oder Geschlechtsangaben zu finden, ist dies heute unter Strafe verboten. Hier wird sich diesem Thema aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger sondern mit einem zwinkernden Auge angenommen. Das gefühlte Alter und das wahre Alter können, wie man gut am Beispiel von Vera und Luna sieht, gehörig voneinander abweichen.

Außerdem wird hier auf beide Seiten eingegangen, sowohl die Arbeitsnehmer, als auch die Arbeitgeber Seite. Auf der einen Seite Vera, die zwar sehr viel Erfahrung vorweisen kann, aufgrund dessen aber natürlich schon ein wenig älter ist. Und auf der anderen Seite die Chefetage, repräsentiert durch Tristan und Knut, die gerne eine Eierlegende-Woll-Milch-Sau hätten. Ein 20jähriges frisches Talent, welches unverbraucht, kreativ und neu ist und auf der anderen Seite aber erfahren und äußerst professionell.

„Jung und jünger“ kann beides: Unterhalten und zum Nachdenken anregen. Eine wirklich sehr gelungene Mischung und wird von mir gerne weiterempfohlen.