Rezension

Alternative Fakten

Verfolgung
von David Lagercrantz

Bewertet mit 3 Sternen

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das Millennium-Universum mit Lisbeth Salander sehr lange an mir vorbei gegangen war – aufgrund der Namensgleichheit mit der Millennium-Serie vermutete ich irgendetwas mit parapsychologischem Hauch und hielt Abstand https://de.wikipedia.org/wiki/Millennium_%E2%80%93_F%C3%BCrchte_deinen_N...
Dann gelangte ich mehr zufällig an die Verfilmungen, sowohl mit Daniel Craig als auch mit Noomi Rapace – jaaa, verschiedene Verfilmungen, dennoch wäre das so meine Wunschkombination. Also habe ich eine etwas seltsame Serien-Rezeption, zwei Verfilmungen sowie ein Buch aus der ursprünglichen, „echten“ = von Stieg Larsson geschriebenen Millennium-Trilogie sowie jetzt halt noch „Verfolgung“ von David Lagercrantz, gesprochen von Dietmar Wunder.

Der Text beginnt am 12. Juni, Lisbeth sitzt im Frauengefängnis, eigentlich „nur“ wegen zivilem Ungehorsam, sie hat das Richtige getan aus den richtigen Gründen, in anderen Fällen hätte das jemand auch als Nothilfe werten können. Wie üblich, kann sie sich nicht heraushalten und legt sich gleich mit einer „Knast-Queen“ an, um einer jungen Mitgefangenen zu helfen. Und parallel dazu gibt es einen anderen Fall im Industriellenumfeld, es geht um weitere Informationen zu Lisbeths Vergangenheit, um einen Skandal, den Mikael Blomkvists Zeitung aufspürt.

Ich habe schon andere Reihen gelesen, die fortgeführt wurden (z.B. Andreas Franz – Daniel Holbe), das ist es nicht. Nur rein generell sitze ich hier gerade und überlege, an welcher Stelle und weshalb er anfing, der Handlungsstrang, der sich um Leo Mannheimer herum entwickelte? Ich würde das im Normalfall zurückblättern, bei Hörbüchern ist mir das zu aufwändig (Kommentare erwünscht, vielleicht kann mir jemand helfen ;-). Das wird alles aufgelöst, soweit ist das kein Problem, aber es ist doch schon speziell, wie alles, wirklich alles zueinander führt, die „Bösen“ bezüglich der jungen Faria sind auch an anderer Stelle involviert. Anscheinend gibt es wenige Kriminelle in Schweden, auf die man zurückgreifen kann, wenn man einmal "Hilfe" benötigt? Diesen Effekt mit der Diskussion „wie war das? warum? womit endete das?“ gibt es übrigens im Web häufiger zu dem Buch, das Ende zu Dan und Leo ist ein Beispiel, ich hatte tatsächlich dort zuerst recherchiert. Natürlich ist das ein Wunsch speziell des Krimi-Lesers, Klappe zu, sprich die Tür der Zelle hinter dem „Bösen“, das muss auch nicht immer erfüllt werden: doch darum scheint es hier nicht zu gehen, es wirkt mehr auf mich wie ein nicht zu Ende gedachter Ansatz.

Ich fand die Handlung spannend und teils auch sehr bewegend, gerade die Teile um Holger Palmgren, Lisbeths väterlichen Freund. So gesehen hielt der Spannungsbogen sehr gut, einzig das Ende kam für mich etwas abrupt, irgendwie gleichzeitig zu unvollständig und zu bemüht um eine Zusammenführung. Mit dem Sprecher Dietmar Wunder hatte ich zu Beginn Probleme, weil ich seine Sprechart als zu gehaucht, zu kehlig empfand, das setzt er zwar fort, aber es störte mich nach kurzer Zeit nicht mehr. Dafür mochte ich die stimmliche Interpretation einiger Frauen durch ihn überhaupt nicht, speziell Benito und Rachel, vielleicht nur, weil die Hexen in meinen Märchenkassetten ähnlich klangen, jedenfalls fand ich die Stimmlagen zu überzogen und geradezu nervig. Darüber hinaus gefiel mir der Rest seiner Interpretation.

Ich habe also zum einen die sprachliche Wiedergabe, die mich mehr als nur gelegentlich nervte, zum anderen das Gefühl einer zu rund gebogenen Zusammenführung mit Schwächen beim Einstieg und Ausstieg zur Handlung. Hm. Da bei mir inzwischen 4 Sterne bedeuten, dass nur das „Tüpfelchen auf dem i“ fehlte, der letzte Funke, der nicht übersprang, würde ich gerne 3,5 Sterne vergeben, muss hier aber abrunden. Ich habe jedoch bereits Teil 1 als Hörbuch geladen und werde damit einen zweiten Versuch starten.

Teil 1 mit gleichem Sprecher (!) hat mich total begeistert