Rezension

AMBER Alert

Kalte Brandung - Isa Maron

Kalte Brandung
von Isa Maron

Bewertet mit 3 Sternen

Der siebenjährige Jesse ist mit seiner Babysitterin Sophie Verster auf dem Kinderbauernhof. Als sie kurz die Nachricht einer Freundin auf ihrem Handy beantwortet, ist er verschwunden. Sophies Freundin Kyra Slagter hilft ihr bei der Suche; vor 4 Jahren ist ihre ältere Schwester Sarina spurlos verschwunden, direkt nach deren Abitur. Am Tag von Jesses Verschwinden ist der elfjährige Tommy mit der Geburtstagsgesellschaft seiner kleinen Schwester im Zoo. Als er seine Schwester zur Toilette begleitet, wird er auf einen Mann aufmerksam. Dann wird er bewusstlos. Maud Martens von der Amsterdamer Polizei ermittelt. Da verschwindet ein weiterer Junge.

Kyra hat Maud Martens vor einem Jahr kennen gelernt, bei den Ermittlungen zu ihrem ermordeten Lehrer, in „Dunkle Flut“. Auch wenn ich den Vorgänger gelesen habe, ist das definitiv nicht nötig. Es gibt kurze Rückblicke (leider mit Auflösungen zu Band 1), dazu wird einiges beschrieben, was quasi ZWISCHEN den beiden Büchern passierte beziehungsweise in der ferneren Vergangenheit, speziell bei Maud. Kyra ist dieses Mal nicht wesentlich an den Ermittlungen beteiligt, wohl aber weiter auf der Spur ihrer Schwester.

Die Handlung wechselt zwischen den Ermittlungen von Maud und der Situation von Kyra; dazu gibt es neben dem aus Band 1 fortgeführten Handlungsstrang um Mabels Schützling Sprünge in die Situation der Opfer. Letzteres – nun ja. Der Roman wird als Thriller klassifiziert, liegt für mich aber zwischen Krimi und Thriller; mit den Opfern direkt mitzuleiden, ist wohl der Thrillerstrang. Das ist jetzt hoffentlich ausreichend sarkastisch rübergekommen – der Roman ist wirklich gut auch als Krimi UND spannend dabei. Und mir reicht es, mir die Ängste der Kinder und ihrer Eltern vorzustellen – ALLE Details benötige ich nicht. Das ist jetzt aber ein generelles Problem, das ich mit modernen Thrillern habe, diesen gewissen Strang von Voyeurismus und somit kein besonderes Manko gerade dieses Buches.

Das Manko, dass ich eher sehe, sind gewissen Sprünge bei der Vergangenheit Mauds, die in der häppchenweisen Lieferung etwas nerven. Dazu fand ich die Auflösung etwas abgehoben. Interessanter ist für mich da der Part um Kyra und ihre Schwester sowie die Entwicklung in Mabels Umfeld. Ein sehr guter erster Band, gefolgt von einem durchwachsenen zweiten Band (mit zur Hälfte sehr guten Anteilen, zur anderen Hälfte eher mittelmäßigen) – das lässt mich immer noch sicher zum dritten Band greifen, in Bälde. Dazu hat die niederländische Autorin Isa Maron einen Weg gefunden, meinen „Cliffhanger-Hass“ in Büchern zu unterwandern: ein Handlungsstrang wird abgeschlossen, der um Sarina kann es naturgemäß nicht so leicht.
Anmerkung: liebe Übersetzer: S. 270 „Muckefuck“? Das sagt heute kein junger Mensch mehr, damit sicher nicht Kyra. Nennt den Kaffee halt Brühe. S. 278 die Leute reden auf 78 Umdrehungen? Würde mir bitte ein Niederländer erklären, dass das eine Redensart ist? In deutscher Sprache jedenfalls nicht.

 

Nachtrag (ich schreibe ALLE Rezis vor...): Unlogischer Handlungsstrang

Im Buch kommt es zu einer Erschießung - Ursache ist, dass die Familie des Opfers  - und damit seine Abstammung - eine andere war, als von den Tätern vorausgesetzt wurde. Aber: ALLE Familien waren vorher den Tätern bzw. den Auftraggebern bekannt, man hatte sie alle kennen gelernt, bei den Aufführungen. Damit ist es nicht logisch, dass die Täter überrascht gewesen sein können.

Ich stufe daher nachträglich das Buch noch von 4 auf 3 Sterne herab.