Rezension

Amüsant und anspruchsvoll zugleich, zu Recht hochgelobt

Die Hauptstadt - Robert Menasse

Die Hauptstadt
von Robert Menasse

Bewertet mit 5 Sternen

Menasse greift in seinem Roman "Die Hauptstadt" das aktuelle Thema Europa auf, und das in gleich mehreren Handlungssträngen: Es passiert ein Mord, doch dem zuständigen Kommissar wird der Fall entzogen - scheinbar, weil es den Mord einfach nicht geben darf. Bei der Europäischen Kommission kommt ein Beamter auf die gelinde gesagt außergewöhnliche Idee, das Jubiläum der Einrichtung mit dem Thema Auschwitz zu verbinden. Und zu allem Überfluss geistert ein Schwein (oder sind es gar mehrere?) durch Brüssels Straßen, sorgt für Verunsicherung und Unterhaltung gleichermaßen.

Die verschiedenen Handlungsstränge werden im Prolog durch das Schwein und die Berichterstattung darüber (schließlich gibt es nichts Wichtigeres) eingeführt. Sie kreuzen sich im weiteren Verlauf und werden zum Teil miteinander verflochten. Obwohl es viele Personen sind, gelingt es Menasse, die Handlungsstränge so darzustellen, dass keine Verwirrung aufkommt und sie weder überkonstruiert noch künstlich wirken.

Robert Menasse beschreibt das Absurde im Brüsseler Machtgerangel, die Intrigen und den Lobbyismus, ohne dabei ins Alberne abzugleiten. Die Sprache ist wunderbar, treffend und ironisch zugleich und alleine deswegen lohnt sich die Lektüre. Das Buch insgesamt ist stets anspruchsvoll, aber auch amüsant - die Verleihung des Deutschen Buchpreises 2017 für "Die Hauptstadt" ist hochverdient. Eine Leseempfehlung an wirklich jeden und für mich zusammen mit Franzobels "Das Floß der Medusa" der Roman des Jahres!