Rezension

Anders als erwartet

Der Herr der Tränen - Sam Bowring

Der Herr der Tränen
von Sam Bowring

Bewertet mit 4 Sternen

„Einst, sagte sie, lebte ein mächtiger Fadenwirker, den man Regret, den Herrn der Tränen nannte.  Er herrschte über das Tal des Friedens. Zu jener Zeit war es noch ein einladender Ort  mit guten Menschen, wie ihr es seid.“ S. 25

Zum Inhalt

300 Jahre sind vergangen, seit die Wächter den Herrn der Tränen umgebracht und seine unmenschliche Macht gebrochen haben – denn dieser veränderte einst die Große Magie und griff in die Natur der Dinge ein, sodass der Schleier der Welt zerriss. Doch der Riss, der sich durch das innerste Gewebe der Existenz gezogen hat, wurde durch den Tod von Regret nicht geheilt und die willenlosen Geschöpfe, die der Herr der Tränen um sich geschart hatte, wachen noch heute unbezwungen über das Tal des Friedens.

Der Ritter Rostigan zieht mit seiner Liebsten durch die Lande Aorns. Die Bardin Tarzi bewundert den alternden Kämpfer, den Held, der sich in einer großen Schlacht einen Namen gemacht hat. Doch er ist des Kämpfens müde geworden, seine ruhmreichen Tage gehören der Vergangenheit an. Als sie jedoch entdecken, dass die prächtige Stadt Silberstein von einem Augenblick auf den anderen verschwunden ist, liegt die Vermutung nahe, dass die Wächter zurückgekehrt sind – denn sie haben die Ermordung des Herrn der Tränen nicht unbeschadet überstanden. Für Rostigan eine Herausforderung, der er sich nicht entziehen kann …

Meine Meinung

Seit ich das Buch zum ersten Mal gesehen habe, hat mich das Cover magisch angezogen. Es zeigt passend zur Handlung den Riss der Großen Magie, die in den Wolken klafft und den einsamen Ritter, der sich endlich seiner Vergangenheit stellen muss.

Der Schreibstil ist sehr eigenwillig, teilweise fast schon nüchtern und ich musste mich sehr konzentrieren, um der Handlung zu folgen. Es wirkt alles sehr kurz angebunden und ich fand nur wenige versteckte „Schätze“ zwischen den Zeilen. Rückblicke und Erinnerungen unterbrechen das aktuelle Geschehen und haben mich anfangs eher irritiert als mir geholfen, mich in der Geschichte zurecht zu finden. Der etwas trockene Schreibstil wirkte manchmal gefühllos und ich konnte mich dadurch anfangs nicht wirklich in die Charaktere einfühlen.

Rostigan war mir von Anfang an sympathisch. Er gefällt sich in seiner Rolle des alternden, zurückgezogenen Kriegers und überlässt sich gerne der Gesellschaft der quicklebendigen, sprunghaften Bardin Tarzi. Umso enttäuschter war ich, dass es anfangs die meiste Zeit um die Wächter ging, die zurückkehren. Alle Figuren erhalten einen prägnanten Auftritt und besondere Charakterzüge, dennoch hat es einige Zeit gedauert, bis ich mich mit dem Verlauf der Handlung anfreunden konnte. Trotzdem hat mich die Stimmung nicht losgelassen und ich war neugierig, was weiter passiert.

Bis zur Mitte war es ein gleichmäßiger Lesefluss ohne bemerkenswerte Spannung, trotz allem hat mich diese Welt fasziniert. Als dann etwa in der Mitte des Buches eine Wende eintrat, ein neuer Aspekt, wurde ich völlig an das Geschehen gefesselt; es wurde sehr interessant, das Tempo angezogen und die steigende Anspannung riss mich bis zum Schluss mit. Auch wurden die Zusammenhänge immer klarer und das unerwartete Ende ließ mich in großer Erwartung auf den zweiten Teil zurück.
Die Idee der Welt und ihrer Magiefäden ist sehr speziell und lässt noch einige Fragen offen. Hier hätte ich gerne noch einige Antworten gehabt und denke, dass diese im abschließenden Band aufgeklärt werden.

Fazit

Nach dem unerwarteten Anfang hat ein neuer Aspekt die Geschehnisse in interessante Bahnen gelenkt und die erhoffte Spannung entstehen lassen. Mit dem Schreibstil konnte ich mich nicht wirklich anfreunden, trotzdem hat mich die Idee fasziniert. Nach der packenden zweiten Hälfte hat das Buch auf jeden Fall 4 Sterne verdient.

© Aleshanee

Vielen Dank an den Blanvalet Verlag für das Rezensionsexemplar!

Band 2 "Wächter der Lüge" erscheint im Juni 2014