Rezension

Anders als erwartet, aber überaus lesenswert!

Touch - Dein Leben gehört mir - Claire North

Touch - Dein Leben gehört mir
von Claire North

Bewertet mit 5 Sternen

die Autorin: 

Claire North, geboren 1986, ist das Pseudonym der britischen Autorin Catherine Webb, die bereits mit 14 Jahren entdeckt wurde. Seitdem hat sie diverse Fantasy-Romane geschrieben und wird unter anderem mit großen Literaten wie Philip Pullman verglichen. Die vielen Leben des Harry August gilt als ihr Meisterwerk und wurde von Presse und Autoren hochgelobt.  

Klappentext:

REICH MIR DEINE HAND - UND DEIN LEBEN GEHÖRT MIR ... 
Ihr könnt mich Kepler nennen. Der Name ist so gut wie jeder andere. Ich bin seit Jahrhunderten kein Mensch mehr, ich bin ein Geist. Ich kann durch eine Berührung — Haut an Haut — von einem Körper in den nächsten wechseln. Menschen sind für mich nur Hüllen. Gefäße, die ich mit einer Berührung in Besitz nehmen kann. Ich könnte dieser alte Mann dort sein oder die Frau mit dem Kinderwagen. Und eine Sekunde später das Kind, das ihre Hand hält. 
Doch jemand kennt mein Geheimnis. Jemand hat einen Killer auf mich angesetzt, und ich werde herausfinden, wer dahintersteckt. Was wäre einfacher, als dies im Körper meines Mörders zu tun?

Zitate:

"Natürlich. Harte Burschen erwachen in Handschellen an unbekannten Orten, erschießen Frauen in Bahnhöfen, werden von einem fremden Bewusstsein in Besitz genommen und quer durch halb Europa expediert, aber sie zucken nicht mit der Wimper." Seite 80

"Meine Augen brannten. Ich drehte den Kopf zur Seite und hoffte, dass er nicht sah, dass ich weinte." Seite 154

Meinung: 

„Kepler“ -ich bleibe jetzt einfach auch mal bei diesem Namen- ist ein Geistwesen. Getötet vor vielen, vielen Jahren, sprang er, in der Sekunde seines Todes, durch Berührung seines Mörders in dessen Körper. Seitdem kann er beliebig die Hüllen wechseln - einzige Voraussetzung ist Hautkontakt. ,
Im Laufe der Zeit hat er sich entschieden als „Makler“ tätig zu werden und so den anderen Geistwesen quasi ihre Wunschkörper zu vermitteln.
Er selbst „mietet“ sich ab und an auch mal längerfristig ein, natürlich nicht, ohne dem betroffenen Menschen ein Angebot abzugeben, dass nur die wenigsten ablehnen. Sei es Geld, ein Entzug oder eine Operation. Solche Dinge machen ihm nichts aus und er legt allzeit großen Wert darauf, die Hüllen pfleglich zu behandeln. Er will nicht, dass die Wirte ihre Hülle beschädigt vorfinden, wenn deren Bewusstsein wieder erwacht.
Doch auch wenn es auf den ersten Blick nett klingt, einfach in jeden Körper einziehen zu können der einen anspricht, finden sich doch viele Nachteile.
Der  größte davon ist, dass es immer wieder Menschen gibt, die versuchen, alle Geister zu vernichten. Und genau hier setzt die Geschichte auch an. 
Ein Auftragsmörder versucht Kepler zu töten. Jedoch dieses Mal nicht nur ihn, sondern auch seine Wirtin, die bei dem Angriff tatsächlich stirbt! Wer hat es auf ihn abgesehen und WARUM musste auch Josephine sterben??

Wir begleiten Kepler auf seiner Suche nach den Hintergründen und der Wahrheit. Hierbei durchleben wir Exkursionen in Keplers früherem Leben, welche uns den Charakter kennenlernen und vor allem ans Herz wachsen lassen! Ich bin immer noch hin und weg von diesem tollen Protagonisten, der zwar auch mal egoistisch sein kann -wobei dies eigentlich nur seinem Überleben dient-, aber gleichzeitig gutherzig und voller Emotionen ist. Das macht ihn sehr authentisch und seine trockene, sarkastische Art, runden das Bild perfekt ab! 
Nicht selten musste ich wegen seinem Humor schmunzeln oder hatte Mitleid mit ihm! Denn sein bisheriges Leben wird in allen Facetten geschildert. So merken wir auch schnell, dass er ein einsames Leben führt, immer achtsam, immer ein Stück weit auf der Flucht vor denen, die ihn vernichten wollen...

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er ist durchgehend eingängig und einfallsreich, gehalten in weitestgehend kurzen Kapiteln aus Keplers Perspektive. So erleben wir die emotionale Komponente quasi aus erster Hand.
Aber auch das Setting kommt nicht zu kurz! Da Kepler nun mal schon ein paar Jahre älter ist als die meisten von uns, hat er auf seiner Reise durch die vielen Städte natürlich aus früheren Besuchen viel dazu zu erzählen ;)

Das einzige Manko, das ich für mich entdecken konnte, ist die Klassifizierung der Geschichte. Bis zur Hälfte des Buches tat ich mir etwas schwer, sie als „Thriller“ zu sehen, dafür ist das Augenmerk auf Keplers Wesen, Vorgeschichte und das Drumherum etwas zu ausgeprägt.
Bitte versteht mich nicht falsch, dieser Teil hat mich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt -dafür ist seine Geschichte viel zu interessant-, aber für einen Thriller war mir einfach zuviel nebenher.
Im zweiten Teil jedoch, geht es dann ziemlich rund, um sich in einem wirklich gelungenen Showdown zu entladen.

Für mich war „Touch“ eine wirklich tolle und vor allem originelle Grundidee, weit entfernt von dem, was man normalerweise so in die Finger bekommt! 
Interessant, spannend, fesselnd und definitiv lesenswert!