Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Anfangs etwas schleppend, dann aber überraschend gut.

Mensch, Rüdiger! - Sven Stricker

Mensch, Rüdiger!
von Sven Stricker

Bewertet mit 4 Sternen

Kennen wir nicht alle mindestens einen komischen Typen, der uns auch ohne nähere Betrachtung wie ein absoluter Verlierer vorkommt? Mit wie vielen Leuten hat man täglich Kontakt und erinnert sich Tage später noch an das Gesicht? Es gibt einfach Menschen, die in der Menge untergehen.

Nun, eigentlich ist das die Masse, wir alle sind irgendwo austauschbar. Die meisten von uns gehören zu den namen- und gesichtslosen Menschen, wie Rüdiger und Tom. Beide atmen und sind im Hier und Jetzt ohne dabei zu leben. Rüdiger hasst seinen Job als Lehrer, die Schüler nehmen ihn nicht ernst. Seinen Kindern ist er kein guter Vater, auch wenn er beide liebt, schenkt er ihnen kaum Aufmerksamkeit. Soziale Kontakte hat er über seine Familie und die Schule hinaus keine, dass etwas in seiner Ehe und in seinem Leben gewaltig schiefläuft bemerkt er pünktlich zu seinem 40. Geburtstag.

Tom hatte eine schwierige Kindheit, dass entschuldigt heute ja schon einiges. Er bekommt sein Leben einfach nicht auf die Reihe. Die Schuld dafür, sucht er gerne bei anderen. Auch er geht einem Job nach den er nicht mag, Freunde sind Mangelware und die seit Jahren regelmäßig besuchte Selbsthilfegruppe bringt ihn auch nicht weiter.

Was passiert nun, wenn die beiden zu Depressionen neigenden Typen aufeinander treffen? Minus und Minus ergibt doch eigentlich Plus, oder?

Ganz so einfach ist es leider nicht. Wär ja auch schade, dann wäre die Geschichte schnell und gradlinig erzählt.

In der ersten Hälfte des Buchs habe ich mich etwas schwer getan, in die Geschichte reinzukommen.

Die zweite Hälfte gefiel mir schon besser, war ereignisreicher und spannender. Der dritte Teil hat mich dann gänzlich überzeugt. Mit einer Pointe nach der anderen, vielen lustigen und auch tiefergehenden Konversationen konnte der Autor mich wirklich für die Geschichte und deren Verlauf begeistern. Am Ende merkt man nur noch wenig von der depressiven Grundstimmung am Anfang, die Charaktere sind gut ausgearbeitet und man fühlt wirklich mit ihnen.

Es gibt unzählige lustige Momente und ich konnte wirklich viel lachen. Auch wenn ich jetzt keine Expertin für Depressionen bin, hat es mir ein Stückchen die Augen geöffnet. Vielleicht sollten wir dem vermeintlichen Verlierer von nebenan, mal eine Chance geben. Vielleicht braucht er/sie oder wir nur einen Schubs. Vielleicht haben wir dann auch das Glück, so tolle Begegnungen erleben zu dürfen wie Rüdiger und Tom.

Von mir eine klare Leseempfehlung.