Rezension

Anne Franks Geschichte für Kinder verständlich aufbereitet

Anne Frank und der Baum - Jeff Gottesfeld

Anne Frank und der Baum
von Jeff Gottesfeld

Anne Franks Geschichte wird immer wieder neu adaptiert, ob in Form eines Graphic Diaries, in Filmen oder als Bilderbuch. Ihre Geschichte ist allgegenwärtig und wichtig wie eh und je. In Anne Frank und der Baum wird schon den jüngsten Lesern eine der wohl bedeutsamsten Biografien eines Menschen des vergangenen Jahrhunderts vermittelt. Ich war sehr gespannt darauf, Annes Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu erfahren, und die Perspektive eines Baumes ist so ziemlich das abstrakteste, was ich mir in der Hinsicht vorstellen konnte. Deswegen war ich positiv überrascht über die gelungene Umsetzung des Illustrators und Autors, eine so komplexe Geschichte auf wenige bedeutsame Momente in Anne Franks Leben herunterzubrechen.

Es war ein Kastanienbaum. Seine Blätter waren grüne Sterne; seine Blüten bildeten „Kerzen“ in Weiß und Rosa. Jeden Herbst ließ er Kastanien zu Boden fallen.

Trotzdem sollte man von diesem Bilderbuch nicht mehr erwarten, als von jedem anderen Bilderbuch auch: eine kurzweilige Geschichte, die mehr Wert auf großflächige Illustrationen, als auf Erläuterungen legt. Damit ist das Bilderbuch aber gerade für seine Zielgruppe vollkommen angemessen und verständlich, trotzdem werden vermutlich bei den jüngsten Lesern genügend Fragen auftauchen, denn eines kann das Bilderbuch nicht: Annes Verschwinden erklären. Vielmehr wird deutlich, dass Anne nur eine viel zu kurze Zeit Teil der Geschichte des Buches ist und danach der Hauptaugenmerk auf ihren Tagebüchern liegt und darauf, was aus dem Kastanienbaum geworden ist.

[Der Baum] schlug weitere Wurzeln und streckte sich friedlich himmelwärts. Bis der Krieg kam.

Der Kastanienbaum im Hof der Prinsengracht lebte insgesamt 172 Jahre lang und hat die Kriegsjahre in Amsterdam vollständig miterlebt. Ich fand es sehr schön, dass der Baum zum Symbol und Teil der Kriegsgeschichte wurde. Obwohl er nicht mehr existiert, leben seine Setzlinge in der ganzen Welt als Erinnerung an Anne Frank weiter. Das Bilderbuch illustriert wunderschön, dass diese Erinnerung nie in Vergessenheit geraten darf. Neben der Geschichte des Baumes werden einzelne Momente in Anne Franks Leben thematisiert.

Das Mädchen und sein Vater nähten Vorhänge aus Lumpen für die wichtigsten Fenster. Von Zeit zu Zeit lugte ein Gesicht durch die Vorhänge.

Der Baum wird Zeuge davon, wie der Krieg Einzug in die Stadt hielt, wie die Familie Frank in das Hinterhaus einzog und wie der Baum erkannte, dass die jüngste Tochter der Franks etwas Besonderes war. Sehr schön ist das mit einfarbigen Tuschezeichnungen dargestellt, die oft ganzseitig das Buch gestalten. Es wird kurz auf die Beziehung zu Anne und ihrem Vater eingegangen, wie die Untergetauchten mit dem Begehen von Festen versuchten ihre Religion, für die sie so viel Leid erdulden mussten, aufrecht zu erhalten und wie das Mädchen sich veränderte, dünner und blasser wurde. Die zweite Hälfte des Bilderbuches macht die Jahreszeiten zum Thema und bringt dadurch zum Ausdruck, wie viel Zeit verging, bevor Annes Vater allein ins Hinterhaus zurückehrte. Mir hat die Auswahl der Szenen sehr gut gefallen, denn man erhält einen kleinen Einblick dessen, was Annes Familie während der Kriegsjahre erlebte.

Fazit & Bewertung

Ein kurzweiliges Bilderbuch mit einer wichtigen Geschichte! Anne Frank und der Baum verbindet die Geschichte eines Kastanienbaumes mit dem Leben des wohl bekanntesten Mädchens aus der Kriegszeit. Der Kastanienbaum hat eine distanzierte Sicht auf die Dinge und trotzdem reicht dieser, um Annes Geschichte für Kinder verständlich zu machen. Ich habe das Bilderbuch sehr gerne gelesen, die Illustrationen bewundert und halte es für ein Buch, das allen als Erinnerung an ein ganz besonderes Mädchen dienen sollte.

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