Rezension

Anschauliche, ergreifende Schilderung

Der Reisende - Ulrich Alexander Boschwitz

Der Reisende
von Ulrich Alexander Boschwitz

Bewertet mit 5 Sternen

Otto Silbermann, reicher jüdischer Kaufmann und angesehenes Mitglied der Gesellschaft versteht seine Welt nicht mehr. Von einem Tag auf den anderen wird er vom Geachteten zum Geächteten. Außer seinem Koffer voll Geld bleibt ihm nichts mehr von seinem bisherigen Leben. Seine Familie, sein Partner, seine Freunde, alle wenden sich von ihm ab oder versuchen gar aus seiner Not noch Profit zu schlagen.

Seine Mitmenschen erwarten, dass er als Jude Verständnis für ihr (Fehl)Verhalten sowie ihre Abweisung ihm gegenüber hat. Wie grausam doch das Leben sein kann.

Dieses Buch hat mich stark berührt, so dass ich es erst einige Tage in mir nachwirken lassen musste ehe ich die Rezension schreibe. Es sind manchmal zur Teilsätze, die mir die Grausamkeit der damaligen Zeit sehr nah gebracht haben. So heißt es: „…, heutzutage mordet man wirtschaftlich.“  Grausam.

Aber es gibt auch Episoden im Buch über die ich schmunzeln musste. Die Dialoge im Zug mit dem extrovertierten jüdischen Tischler, ihr gegenseitiges Bedauern, fand ich köstlich. Ich denke schon hier fängt die Ausweglosigkeit seiner Lage bei Silbermann auf seine Psyche zu schlagen. Beim Lesen merkt man und das hat der Autor sehr geschickt ins Buch einfließen lassen, wie sich Otto Silbermann Stück für Stück von der Realität entfernt und an seinem Schicksal zerrbricht.

Ich finde dieses Buch sehr lesenswert, denn es gibt den nachfolgenden Generationen die Möglichkeit die Grausamkeiten der Nazizeit anhand eines Einzelschicksals, das doch ein tausendfaches war, nachzuempfinden.

Von mir gibt’s 5 Lese-Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.