Rezension

Anspruchsvoll

Hanna und Sebastian - Thomas Klugkist

Hanna und Sebastian
von Thomas Klugkist

Bewertet mit 4 Sternen

Nach zehn Jahren treffen sich Hanna und Sebastian wie verabredet in Rom wieder. Die beiden verleben ein paar schöne Tage zusammen, bevor beide wieder ihren Platz im Alltag einnehmen. Doch der Kontakt bleibt bestehen - durch Briefe, Sms, gelegentliche Telefonate und E-Mails. Auf diese Weise schaffen die beiden einen Raum, in dem sie sich nicht nur gegenseitig von ihrem Alltag berichten können, sondern wo sie frei nachdenken und philosophieren können.

"Hanna und Sebastian" ist ein Buch, welches schwer zu beschreiben ist. Fast kommt es mir so vor, als ob man es mit Worten nicht wirklich gerecht werden kann, alleine durch seine Vielschichtigkeit. Es ist mehr als nur eine Liebesgeschichte, mehr als ein Austausch von Briefen, vom alltäglichen Allerlei, von Problemen und dem Leben als solches. Viel mehr ist es ein sehr philosophisches Buch, was von seinem Leser hohe Konzentration und eine Liebe zur Sprache verlangt. Keine einfache Lektüre und kein Buch für Zwischendurch. Dies wird bereits in den ersten 40 Seiten deutlich und hält seine hohen Anforderungen bis zur letzten Seite. Dennoch sollte man sich von den ersten 30 bis 40 Seiten nicht verschrecken lassen. Man lernt mit Klugkists Stil umzugehen und ihn auf seine eigene Art lieb zu gewinnen.
Ja, es mag sein, dass die Sprachwahl für zwei Anfang 20er vielleicht etwas zu hochgestochen ist. Aber mir persönlich ist das, was "Hanna und Sebastian" bieten, wesentlich lieber als platte, umgangssprachliche Briefe, bei denen mir die Nackenhäärchen absterben würden. Es war gut so, es passte irgendwie.

Wie das Leben von Hanna und Sebastian, so verändert die Sprache. Sie entwickelt sich, wird mal einfacher, schwieriger und durch kurze Sms Abschnitte und kurze E-Mails aufgelockert. Humor ist ebenso vorhanden wie sehr viele philosophische Gedanken. Über die meisten Themen kann man sich seine eigenen Gedanken machen, oder seine Erfahrungen einfach mal reflektieren. Mir hat es Spaß gemacht, in Gedanken mit den beiden mizudiskutieren, die Hände über den Kopf zusammenzuschlagen oder zu denken "Schön gesagt, genau so ist es!"

Als Leser lernt man sowohl Hanna, als auch Sebastian von allen Seiten kennen. Stückchenweise lernt man etwas über ihre Vergangenheit, lebt mit ihnen in ihrer Gegenwart und setzt sich mit ihren Wünschen, Träumen und Gedanken auseinander.
Beide sind praktisch grundverschieden, vielleicht macht aber genau das die interessante Mischung. Aber auch sie verändern sich im Laufe der Zeit und ich war am Ende erstaunt, wie sehr sich meine Sympathien zum Ende hin gedreht haben, weil ich es schlicht und einfach genau anders herum erwartet hätte.

Ich denke, wer Herausforderungen mag und der Philosophie etwas abgewinnen kann, dem könnte dieses Buch gut gefallen. Man muss für das Buch nur etwas Geduld haben und etwas mehr Zeit einplanen.