Rezension

Atemlose Spannung

Der Trakt - Arno Strobel

Der Trakt
von Arno Strobel

Bewertet mit 4 Sternen

Entsetzt verfolgt Sibylle Aurich wie ihr Sohn Lukas in ein fremdes Auto gezogen wird. Die Tür schließt blitzschnell und der Wagen fährt davon. Schreiend versucht Sibylle dem Auto zu folgen, doch die Rücklichter werden immer kleiner. Wenige Augenblicke später folgt die Erleichterung, denn Sibylle kommt in einem dunklen Zimmer zu sich. Lukas Entführung war nur ein schlimmer Albtraum. Langsam beruhigt sich Sibylle etwas, doch sie kann sich nicht erklären, wie sie in diesen dunklen Raum gekommen ist. Ihre letzte klare Erinnerung ist ein Abend beim Griechen. Dort hat sie gemeinsam mit ihrer Freundin Elke gegessen und dann wollte sie durch den Park nach Hause gehen. Und dann -  nichts mehr.

Sibylle entdeckt Monitore neben ihrem Bett und vermutet deshalb in einem Krankenhaus zu liegen. Merkwürdig ist nur, dass ihr Zimmer keine Fenster zu haben scheint und einen Knopf, mit dem man eine Krankenschwester herbeirufen könnte, kann sie auch nicht entdecken. Plötzlich öffnet sich die Zimmertür. Dr. Muhlhaus betritt den Raum und freut sich darüber, dass Sibylle erwacht ist. Er teilt ihr mit, dass sie im Park überfallen wurde und mittlerweile zwei Monate im Koma gelegen hat. Sibylle erkundigt sich sofort nach ihrem Sohn Lukas. Dr. Muhlhaus ist darüber etwas irritiert, denn einen Sohn hat Sibylle nicht. Doch Sibylle lässt sich nicht beirren, sie weiß ganz sicher, dass sie verheiratet ist und einen Sohn hat. Der Arzt versucht sie zu beruhigen und weist auf die Nachwirkungen des Überfalls und des anschließenden Komas hin. Langsam kommt Sibylle das Krankenzimmer und auch der Arzt immer seltsamer vor. Sie ergreift spontan die erste Gelegenheit zur Flucht.

Doch damit kommt sie dem Rätsel um ihre Vergangenheit nicht näher. Im Gegenteil, es wird immer verwirrender. Als sie ihrem Ehemann gegenüber steht, bestätigt er, dass seine Frau bereits zwei Monate lang verschwunden ist. Doch Sibylle wäre nicht diese Frau und einen gemeinsamen Sohn namens Lukas gäbe es auch nicht. Verwundert stellt Sibylle fest, dass sie sich zwar in ihrem Kleiderschrank bestens auskennt, doch keines der enthaltenen Kleidungsstücke die richtige Länge hat und auf dem Hochzeitsfoto entdeckt sie eine andere Frau an ihrer Stelle. Als ihr Ehemann die Polizei einschaltet, ergreift Sibylle erneut die Flucht. Was ist geschehen und wem kann sie vertrauen?

Meine Meinung:

Bei diesem Psychothriller gibt es keine langsame Eingewöhnungsphase. Er startet bereits mit hohem Tempo und wirft den Leser mitten in das spannende Geschehen. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar, sodass man förmlich über die Seiten fliegt. Man kann sich gut in die Hauptprotagonistin Sibylle hineinversetzen und ihre wachsende Verwirrung nachempfinden. Langsam breitet sich ein ungutes Gefühl beim Lesen aus, man fragt sich, wem Sibylle Aurich überhaupt noch trauen kann und was geschehen ist. In dieser Phase fällt es nicht leicht, das Buch aus der Hand zu legen, da man in Sog der Erzählung gerät und unbedingt weiterlesen möchte. Dieser Effekt wird durch die relativ kurzen Kapitel des Psychothrillers noch unterstützt.

Beim aufmerksamen Lesen des Buchs bekommt man allerdings früh eine Ahnung was mit Sibylle passiert sein könnte. Trotzdem bleibt die Spannung erhalten,  da man nicht genau weiß was und wer dahinter steckt. Zumal Hans, der dem Doktor vollkommen ergeben ist, unbemerkt jeden Schritt von Sibylle genau überwacht und immer bereit ist einzugreifen, wenn etwas nicht so läuft wie vorhergesehen. Spannende Verfolgungsjagden und verzweifelte Versuche die Wahrheit ans Licht zu bringen lassen ebenfalls keine Langeweile aufkommen.

Sibylle schließt auf ihrer Flucht einige Bekanntschaften. Alle scheinen es gut mit ihr zu meinen. Da Gut und Böse nicht zu unterscheiden sind, betrachtet man Sibylles Handeln mit gemischten Gefühlen. Es fällt allerdings nicht ganz leicht, sich auf die verschiedenen Charaktere einzulassen und sie richtig einzuordnen. Das ist sicher auch gewollt, um die Spannung aufrecht zu erhalten, da man nicht genau weiß, wer  welches Motiv verfolgt. Doch neben der Hauptprotagonistin Sibylle wirken die anderen handelnden Figuren eher blass und unscheinbar. Es kommt ausserdem zu einigen Gesinnungswechseln, die stellenweise verwirrend, übertrieben und nicht nachvollziehbar wirken.

Aufgrund des frühen Verdachts, hält das Ende des Buchs keine großen Überraschungen bereit. Dennoch kommt auch im Finale die Spannung nicht zu kurz. Die Ereignisse überschlagen sich und gebannt folgt man der Auflösung. Leider wirkt das Ende an einigen Stellen zu klischeehaft und damit konstruiert.

Mein Fazit:

"Der Trakt" konnte mich durch eine spannende Handlung, die übrigens ohne großes Blutvergießen auskommt, überzeugen. Ich bewerte den deutschen Psychothriller mit vier von fünf Sternen. Das eine Sternchen ziehe ich ab, da mich der häufige  Charakterwechsel mancher Akteure nicht überzeugen konnte und das Ende an einigen Stellen zu klischeehaft wirkte. Insgesamt gesehen habe ich mich aber gut unterhalten.