Rezension

atmosphärisch, aber spannungsarm

Das Küstengrab
von Eric Berg

Bewertet mit 3 Sternen

Mein erster Eric Berg und ich bin zugegebenermaßen etwas enttäuscht, hätte etwas mehr erwartet. Hatte der Klappentext doch das Potential zu einem spannenden Krimi, so ließ mich gleich der Prolog etwas ernüchtert zurück. Wir erfahren von einem Mord, der vor 23 Jahren geschah, ein Detail das ich lieber erst viel später erfahren hätte.

Schauplatz der Handlung ist die kleine Ostseeinsel  Poel, auf der Lea mit ihrer um einige Jahre älteren Schwester Sabina aufwächst. Die beiden sind wie Hund und Katz, charakterlich viel zu verschieden und bringen sich nur Abneigung entgegen. Ihre Zeit verbringt Lea am liebsten mit ihrer Clique, bestehend aus ihrem Freund Julian, den Geschwistern Harry und Margrethe, Mike, Pierre und Jaqueline. Die alte Ruine einer Abtei ist ihr Spielplatz und Treffpunkt, die Kids eine eingeschworene Gemeinschaft.
Der plötzliche Unfalltod ihrer Eltern stürzt die 18jährige Lea in ein tiefes Loch, ihre Freundschaft zu Julian zerbricht an der Deutschen Wiedervereinigung die ihm so viel Möglichkeiten bietet, die beiden trennen sich. Kurze Zeit später lernt Lea einen Argentinier kennen und zieht mit ihm in sein Heimatland ohne jemals wieder Kontakt zu ihrer Schwester oder ihren ehemaligen Freunden zu haben.  Nach 23 Jahren kehrt sie auf die Insel zurück, erleidet zusammen mit ihrer Schwester einen Autounfall. Ihre Schwester stirbt bei dem Unfall, Lea wird schwer verletzt und kann sich an die Geschehnisse nicht mehr erinnern. Nach mehreren Monaten der Genesung begibt sie sich wieder auf die Insel um herauszufinden, was sie vor Monaten auf der Insel wollte und wie es zu dem Unfall kam.

Zunächst einmal ist der Schreibstil des Autors wirklich sehr angenehm und  bildhaft, ich hatte beim lesen das Gefühl mich selbst auf der Insel zu befinden und die ehemaligen Freunde von Lea zu treffen, Er beschreibt die Charaktere mit allen Facetten, durchweg alle sind vielschichtig angelegt mit Ecken und Kanten. Je mehr ich über die damaligen Freunde erfahren habe, desto häufiger stellte sich mir die Frage, ob es tatsächlich so gute Freunde waren, wie Lea es in Erinnerung hat. Jedenfalls haben sich mit den Jahren alle verändert, nicht unbedingt zum Vorteil. Die Geschwister Harry und Margrethe sind verarmt, pflegen ihre chronisch kranke, bettlägerige Mutter. Mike hatte mit seinen Firmen Erfolg und ist zu einigem Reichtum gelangt, inzwischen mit Jaqueline verheiratet, die Ehe ist aber nicht glücklich. Pierre ist angesehener Arzt, Lea eine erfolgreiche Fotografin. Nur Julian ist kurz nach der Wende verschwunden. Dass Julian tot ist, erfahren wir als Leser ja leider schon im Prolog, herauszufinden gilt das Motiv und der potentielle Täterkreis.

Lea ist hoch motiviert mehr über den Unfall und auch das Verschwinden von Julian zu erfahren, denn offiziell gilt er nicht mal als vermisst. Alle scheinen davon auszugehen, dass er Poel hiemlich verlassen hat und woanders sein Leben lebt. Leider verliert sie ihr Ziel allzu schnell aus den Augen, weil sie sich Hals über Kopf in Pierre verliebt. Die Wochen vergehen, Lea bereitet eine Ausstellung vor und fotografiert die Insel. Nur in Rückblenden  erfahren wir aus der Sicht von ihrer Schwester Sabina was sie zu dem Aufenthalt auf der Insel veranlasste. Sie stellt als einzige die richtigen Fragen zu Julians Verschwinden.

Die Story an sich ist wirklich sehr gut geschrieben und auch interessant,  ich war neugierig was letztlich hinter der ganzen Sache steckt. Leider vermisse ich im gesamten Krimi auch nur den Ansatz von Spannung. Dass ein Krimi nicht permanent spannend sein muss, ok, aber wenigstens einige kleine Szenen, die Spannung aufkommen lassen gehören für mich zu einem guten Krimi einfach dazu. Wäre der Prolog nicht gewesen, ich hätte viel mehr rätseln können. Er verrät meiner Meinung nach viel zu viel. Letztlich konnte mich nur der Täter noch überraschen, mit dem ich wirklich nicht gerechnet hätte.

Fazit: In großen Teilen vorhersehbar, gut geschrieben aber für mich leider nur mittelmäßig mit dem völligen Fehlen von Spannung. Alles in allem hätte ich hier mehr erwartet.