Rezension

Atmosphärisch, aber von der Erotik her gar nicht meins

Gib mir deine Seele - Jeanine Krock

Gib mir deine Seele
von Jeanine Krock

Bewertet mit 3 Sternen

Wortlos und ohne zu blinzeln sah er sie lange an, bis auf einmal ein Lächeln sein Gesicht erstrahlen ließ, ein Lächeln, das endlich auch wieder die Augen erreichte. "Ich habe dir gesagt, dass du frei bist zu tun, was du willst..."
"Wenn ich die Konsequenzen dafür trage."
"So ist es. Wir haben eine Vereinbarung, Pauline. Egal, was du tust, du gehörst bis zum Winter mir." Er zog sie wieder zu sich heran. "Ich glaube, für deinen Ungehorsam bist du ausreichend gestraft."

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INHALT:
Paulines größter Traum ist es, eine bekannte und erfolgreiche Opern-Sängerin zu werden - doch ihre Karriere will nicht so recht in Schwung kommen. Das ändert sich, als sie den schönen und geheimnisvollen Constantin kennen lernt, der sofort das Potenzial in ihr erkennt und fördert. Dafür verlangt er nur in allen Belangen bedingungslose Hingabe von ihr. Aber er scheint auch noch andere Ziele zu verfolgen...

MEINE MEINUNG:
Jeanine Krock ist eine bekannte deutsche Autorin, die sich mit ihrem Romanen hauptsächlich auf innovative Fantasy spezialisiert hat. Mit "Gib mir deine Seele" wagt sie sich nun erstmals in die Welt der Erotik vor, gepaart mit Oper und ein wenig Mythologie. Erzählt wird die Geschichte dabei hauptsächlich aus der personalen Sicht von Pauline selbst, zwischenzeitlich kommen aber auch Constantin sowie sein Angestellter Nicholas zu Wort. Der Schreibstil ist schnörkellos-schön und voller wunderbarer Beschreibungen, denen man die Liebe der Autorin zu den verschiedenen Handlungsorten anmerkt.

Pauline ist anfangs ein sehr unsicheres junges Mädchen, das noch nicht zur vollkommenen Stärke seiner Stimme gefunden hat. Erst durch Constantin lernt sie wirklich, sie selbst zu sein und ihre Wünsche auch klar zu äußern, wodurch aus ihr eine selbstbewusste Frau wird. Gleichzeitig passt dies jedoch nicht damit zusammen, dass sie Constantin all seine Fehltritte nach einem kurzen Gespräch verzeiht - das wirkte auf mich selten glaubwürdig. Denn der geheimnisvolle Millionär hat eindeutig so seine Geheimnisse und vor allem Vorlieben, mit denen ich wenig anfangen konnte. Er ist sehr dominant und besitzergreifend, und manchmal verhält er sich ausgesprochen schrecklich, weswegen ich mit seiner Figur wenig zurechtkam.

Sein Angestellter und Freund Nicholas gefiel mir da schon besser. Auch er ist zwar extrem beschützend, wenn es um Pauline geht, und seine Hörigkeit im Bezug auf Constantin ist manchmal etwas übertrieben, seine lockere und interessante Art war mir jedoch sympathisch. Die übrigen Charaktere bestechen durch viele verschiedene Facetten und Eigenschaften, nur ist es schade, dass Paulines alte Freunde sich generell fast alle zum Schlechteren entwickeln, was das Bild vermittelt, dass nur reiche Menschen auch gute Menschen sind.

Bei der Geschichte faszinierte mich vor allem der Aspekt von Paulines Leidenschaft für das Singen, für die Bühne und für ihre Auftritte. Ihre Entwicklung ist toll zu beobachten und wird vor allem sehr atmosphärisch und authentisch geschildert. Meiner Meinung nach kommt dieses Thema, obwohl es eigentlich den Mittelpunkt bildet, jedoch zu kurz und wird oftmals eher knapp abgehandelt - und in Verbindung mit den vielen, vielen Sex-Szenen geht es dann oftmals leider einfach unter. Die erotischen Passagen sind ansonsten zwar schön geschildert und definitiv nicht vulgär, die Leser sollten aber definitiv wenigstens eine gewisse Neigung zu Sado-Maso und Unterwerfung haben. Für mich war diese Art der Leidenschaft nichts, denn mit Schlägen und Dominanz kann ich nichts anfangen.

Und leider kommt auf der mythologische Fantasy-Aspekt viel zu kurz. Erst nach etwa der Hälfte des Buches gibt es wirkliche Hinweise darauf, dass überhaupt so etwas im Spiel ist, und auch danach bleiben diese eher vage und werden nur selten deutlicher. So tappt man gemeinsam mit Pauline bis zum Ende im Dunkeln, und auch dann wird es nicht wirklich erhellend, weil es so kurz abgefertigt wird. Aus dieser Thematik hätte so viel mehr herausgeholt werden können, leider bleibt es jedoch bei einer knappen Rahmenhandlung, die mich persönlich enttäuschte.

FAZIT:
"Gib mir deine Seele" hat eine absolut interessante Grund-Story und lebt von der atmosphärischen Erzählung der Autorin. Der erotische Anteil wird allerdings leider stärker gewichtet als der des Singens oder der Mythologie, und da SM überhaupt nicht meins ist, konnte ich damit eher weniger anfangen. Leser, die auf der Suche nach einer intelligenteren und besser geschriebenen Form von "Shades of Grey" sind, könnten hier jedoch fündig werden. 3 Punkte.