Rezension

Auch der zweite Roman der Autorin war wieder toll

Zwanzig Zeilen Liebe
von Rowan Coleman

Bewertet mit 4 Sternen

Sorg dafür, dass dein Vater sich wieder verliebt. Iss jeden Tag Gemüse. Trau keinem Mann mit übermäßigem Bartwuchs. Tanz auf meiner Beerdigung zu Dean Martin. Nacht für Nacht bringt Stella diese und andere Zeilen zu Papier. Doch es sind nicht ihre eigenen Gedanken und Wünsche. Die Hospizschwester schreibt Abschiedsbriefe im Auftrag ihrer schwer kranken Patienten und überreicht deren Nachrichten, nachdem sie verstorben sind. Bis sie einen Brief verfasst, bei dem sie keine Zeit verlieren darf. Denn manchmal lohnt es sich zu kämpfen: Für die Liebe. Für das Glück. Für den einen Moment im Leben, in dem die Sterne am Himmel ein wenig heller leuchten …

Meine Meinung

Da ich „Einfach Unvergesslich“ von Rowan Coleman wirklich sehr berührend und ergreifend fand, war ich wirklich gespannt, ob das ihrem neusten Buch ebenfalls gelingen würde. Nach dem „Zwanzig Zeilen Liebe“ nun gelesen habe, muss ich leider sagen, dass die Geschichte gefühlstechnisch nicht ganz an seinen Vorgänger herangekommen ist. „Einfach Unvergesslich“ war für mich noch einen Tick emotionaler. Trotzdem ist „Zwanzig Zeilen Liebe“ ein wirklich tolles Buch. Die Geschichten von Stella, Hope und Hugh haben mich nicht mehr losgelassen, nach dem ich einmal mit dem Lesen begonnen hatte.

Am berührendsten fand ich die Briefe, die Stella für die sterbenden Menschen schreibt. Zwar sind diese Briefe immer recht kurz gehalten, doch dafür gewähren sie einen wirklich tiefen Einblick in das Leben der jeweiligen Person. Man bekommt nicht nur einen Eindruck wer der- oder diejenige war, sondern wir erfahren auch warum es ihnen wichtig ist gerade diesem Menschen einen Brief zu hinterlassen. Hatte ich wieder einmal einen solchen Brief gelesen, habe ich kurz innegehalten um das Gelesene sacken und auf mich wirken zu lassen. Außerdem habe ich mir Gedanken gemacht, was ich in meinem letzten Brief schreiben würde. Wäre es mir wichtig meiner Familie noch ein letztes Mal zu versichern wie sehr ich sie liebe? Würde ich sie mit meinen Worten trösten wollen oder würde ich ihnen irgendwelche Anweisungen geben, wie sie nach meinen Tod weiterleben sollen, da der Verlust ihr weiteres Leben nicht komplett bestimmen sollte?

Das Buch wird abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Da wäre einmal Stella, die Hospizschwester, die die letzten Worte ihrer Patienten festhält um sie nach deren Tod an die Hinterbliebenden weiterzugeben. Aber auch Hope, eine junge Frau, die an Mukoviszidose erkrankt ist und vor kurzem beinahe gestorben wäre und Hugh, ein alleinstehender Mann, der mit seinem Leben bisher nie unzufrieden war, jedoch durch ein unbedeutendes Ereignis erkennt wie einsam er ist, nehmen eine wichtige Rolle ein. Wie in Rowan Colemans Erstling haben diese drei Charaktere sehr lebendig und authentisch gewirkt.

Stellas Geschichte hat mich von allen am meisten berührt, da sie mir Laufe des Buches wirklich sehr ans Herz gewachsen ist. Außerdem habe ich sie für ihre Arbeit bewundert, da ich es mir alles andere als leicht vorstelle in einem Hospiz zu arbeiten. Stella kümmert sich jeden Tag aufopferungsvoll um die Patienten, um ihnen ihre letzten Tage und Wochen so schön wie möglich zu gestalten. Dabei begleitet sie stets der Gedanke, dass einer dieser Menschen jederzeit sterben könnte und am darauffolgenden Tag nicht mehr da sein könnte. Ich könnte damit nicht umgehen. Neben ihrer anspruchsvollen und nicht immer leichten Arbeit, hat Stella leider auch privat mit Problemen zu kämpfen. Seid ihr Mann von seinem letzten Afghanistan Einsatz, bei dem er schwer verwundet wurde und einer seiner besten Freunde ums Leben gekommen ist, ist er zunehmend auf Distanz zu ihr gegangen. Die Vertrautheit zwischen ihnen geht dadurch mehr und mehr verloren, was Stella sehr zu schaffen macht, da sie ihren Mann über alles liebt und sich nichts sehnlicher wünscht als, dass alles wieder so wird wie früher. Ich konnte ihren Schmerz hautnah fühlen, so greifbar/anschaulich wurde er von der Autorin geschildert.

Meine Sympathie für Hope hat in der ersten Hälfte des Buches ziemlich geschwankt. Einerseits konnte ich gut verstehen, dass es sie deprimiert, dass sie aufgrund ihrer Mukoviszidose eine geringere Lebenserwartung hat als andere Leute und ihr selbst die kleinste Bakterie gefährlich werden kann. Andererseits lässt sie zu, dass ihre Krankheit die Oberhand über ihr Leben hat. Sie igelt sich lieber in ihrem Zuhause ein und liest, während andere in ihrem Alter auf Partys gehen, Alkohol trinken…einfach ohne große Sorgen Spaß haben. Hope konnte manchmal eine schreckliche Pessimistin sein. An anderen Stellen wiederum hat sie jedoch ihren guten Sinn für Humor bewiesen ;) Zum Glück gab es ihren besten Freund Ben. (Ein wirklich toller Nebencharakter nebenbei^^) Er versucht immer wieder Hope aus ihrem Schneckenhaus herauszuholen, in dem er sie dazu auffordert einfach mal etwas zu wagen, anstatt stundenlang über die Wenn und Aber’s nachzudenken. Zum Ende hin hat Hope eine tolle Wandlung durchgemacht, sodass ich sie doch noch in mein Herz geschlossen habe.

Hugh hat ebenfalls ein Platz in meinem Herzen gefunden, wenn mir auch zuerst nicht ganz klar war, was seine Geschichte mit den anderen Handlungssträngen zu tun hat. Doch als es sich herauskristallisiert hat, hat er eine bedeutende Rolle im weiteren Verlauf dargestellt.

Mein Fazit

„Zwanzig Zeilen Liebe“ von Rowan Coleman ist ein toller Roman, der sich äußerst feinfühlig mit dem Tod, aber auch mit dem Leben auseinandersetzt. Einmal angefangen zu lesen, konnte ich nicht mehr damit aufhören, da mich die Geschichte vollkommen für sich eingenommen hatte. Und auch nach Beenden des Buches ist mir das Gelesene noch im Kopf herumgeschwirrt. Die Charaktere, insbesondere die drei Hauptcharaktere Stella, Hope und Hugh, waren sehr gut ausgearbeitet und haben absolut authentisch auf mich gewirkt.