Rezension

Aufbruch in die Freiheit

Sami und der Wunsch nach Freiheit - Rafik Schami

Sami und der Wunsch nach Freiheit
von Rafik Schami

Bewertet mit 4 Sternen

In einer kleinen Gasse im christlichen Viertel der Altstadt von Damaskus wachsen die Freunde Sami und Scharif in ärmlichen Verhältnissen auf. Sie gehören einer neuen Generation an, die die grausamen Qualen des Regimes nicht länger erdulden wollen.

Heute ist Scharif ein junger Mann und für einige Jahre in Deutschland. Dort lernt er Rafik Schami kennen. Im Tausch gegen eine Oud schenkt er ihm all seine Geschichten aus dem Syrien seiner Kindheit und von seinem besten Freund Sami.

Eine Geschichte reiht sich an die andere. Er erzählt von den Familien und Bewohner der Gasse, von den Abenteuern der Kinder, von Quittengelee, herrlichen Tagen im Hammam. Sie hören sich fast an wie Märchen aus Tausendundeine Nacht. Doch sie entwickeln sich, sachte, zeigen erste Missstände auf, Prügelstrafen in den Schulen, Korruption. Sie verändern sich weiter, werden bedrückend und bestürzend. Berichten von Gefängnisaufenthalten und Folter und wie die Angst vor dem Regime und dessen Geheimdienst die Menschen zu Lämmern oder Bestien werden lässt. Und sie berichten von dem Auslöser des Arabischen Frühlings.

Rafik Schami ist der Balanceakt wunderbar gelungen, die Gräueltaten dieser Diktatur mit den Geschichten der Menschen zu verbinden und aufzuzeigen, dass Menschen daran zugrunde gehen können, es aber auch Menschen gibt, die Kraft der Hoffnung in sich tragen können und ein lebenswertes Leben auch unter diesen Bedingungen stattfindet kann. Für mich war das Geschichtsunterricht in großer Erzählkunst. 

Man den Eindruck hat, Scharif sitzt einem Gegenüber und während des Erzählens fallen ihm oft weitere Geschichte ein. Diese Abschweifungen wurden jedoch nur angedeutet mit dem Hinweis, es das nächste Mal zu erzählen. Das ist vielleicht authentisch während eines Gespräches, doch beim Lesen haben sie mich aus der Tiefe meiner Bilder rausgeholt. Den Sprachstil habe ich eher einem älteren Kind als einem jungen Mann zugeordnet. Die eingeflochtenen Lebensweisheiten und Sprüche passten ausgezeichnet. 

Rafik Schamis Botschaften, dass Unrecht bekannt gemacht und das Gute über das Böse siegen kann, ist in diesem Roman erneut belegt.