Rezension

aufrührend und trostlos

Wir waren hier - Nana Rademacher

Wir waren hier
von Nana Rademacher

Ein verstörender, dystopischer Jugendroman, der von Untergang und Tod erzählt. Und von der Hoffnung, die durch Liebe entstehen kann.

Berlin liegt in Trümmern, die Ressourcen- und anschließenden Bürgerkriege haben das Land verwüstet. Essen und Wasser sind knapp, die Sommer sind trocken und heiß, die Winter eisig. Die wenigen verbliebenen Einwohner werden vom Militär kontrolliert. 

Am 13.10. 2039 beginnt die vierzehnjährige Anna, in einem Blog bruchstückhaft Erinnerungen, Gedanken und Erlebnisse aufzuschreiben, lebt seither in der ständigen Angst vor Entdeckung durch die Webpolizei. Sie wird von einem Jungen namens Ben angeschrieben, er möchte sie unbedingt treffen und kennen lernen.

Nana Rademacher gelingt es nach Belieben, ihre Leser zutiefst zu verstören, zu erschrecken, Ihnen Hoffnung zu geben und wieder zu nehmen. 

Das Buch beginnt mit dem Gedicht „Die blaue Blume“ von Eichendorff und gibt damit die Richtung an: Um Sehnsucht geht es, um Liebe und um Vergeblichkeit. In einer Umgebung, die unmenschlicher und unwirtlicher kaum sein könnte, finden wir Anna, die stark und eigenwillig ist. Die bereit ist, sich all dem Schlimmen zu stellen und ein Überleben zu versuchen. Dem Träumen kann sie nicht widerstehen, die Vernunft ist nicht ihr einziger Ratgeber, doch wer möchte entscheiden, ob sie sich damit schadet oder hilft?

Nach dem ersten Teil, der sich auf Annas Blog abspielt, kommt, ebenfalls aus ihrer Perspektive, die eigentliche Geschichte. Die könnte spannender nicht erzählt sein. Mitfiebern ist unausweichlich, und trotz der eingängigen Sprache erfreuen ab und zu ungewöhnliche Formulierungen und Metaphern. („Sein Schweigen hat keine Tür.“ S. 284) Nicht immer sind alle Fakten logisch zu verstehen, manches bleibt verschwommen, ungeklärt, sogar Übernatürliches findet Erwähnung. 

Die Ursachen der Ressourcenkriege hingegen erscheinen absolut nicht unrealistisch. Wo Lebensgrundlagen wie Wasser knapp werden, stehen demokratische Werte auf tönernen Füßen. Die Schilderungen des  Kriegszustands, allgegenwärtig und bedrohlich, bilden zwar scheinbar nur den Rahmen für den Handlungskern. Doch sie erfüllen einen weiteren Zweck: Sie dienen als Mahnung, zeigen auf, dass nichts von dem, was ist, wirklich selbstverständlich ist. 

Ein aufrührendes und trostloses Jugendbuch, absolut lesenswert, aber auch äußerst belastend.