Rezension

Aus einem neuen Blickwinkel

Die Schwester der Königin - Philippa Gregory

Die Schwester der Königin
von Philippa Gregory

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem Buch wird die Geschichte von dem englischen König Henry VIII und Anne Boleyn wiedergegeben. Erzählt wird das Ganze allerdings aus der Sicht von Annes Schwester Mary, die ebenfalls am Hof des englischen Königs lebt und durch ihre ehrgeizige Familie in die Fänge von Macht und Intrigen gerät. Mit bereits 12 Jahren wird sie verheiratet. Als der König an ihr interessiert zu sein scheint, wird die Ehe allerdings „pausiert“ so dass sie Henrys Mätresse werden kann. Während dieser Zeit verschlechtert sich das Verhältnis von Henry zu seiner Ehefrau. Als dann Anne auf den Plan tritt und den König verführt, kommt es zum Bruch zwischen Henry und der katholischen Kirche, seine Ehe wird annulliert und Anne steigt zur neuen Königin von England auf.

Die Beziehung der beiden Schwestern ist von Rivalität und Machtkampf gezeichnet. Anne ist die weitaus intelligentere und berechnendere Schwester. Mary ist dagegen eher zart und lieblich. Sie verliebt sich in den König und geniest die Nähe zwischen den beiden sowie all die Aufmerksamkeiten, die er ihr zukommen lässt. Im Gegenzug schätzt er sie für ihre ehrliche Art und ihre Aufrichtigkeit. Mary wird allerdings sehr von ihrer ehrgeizigen Familie unter Druck gesetzt, für die Liebe und Geborgenheit komplett fremd sind. Ihnen geht es nur um Ansehen, und in dem Moment in dem Anne größeres Interesse beim König zu wecken scheint, wird Mary fallen gelassen. Ihre einzige Stütze ist ihr Bruder George, der jede freie Minute mit den beiden Schwestern verbringt. Im Verlauf der Handlung macht Mary jedoch eine große Veränderung durch und wächst schließlich zu einer starken und selbstbewussten Frau heran. Und trotz aller Rivalität bleibt sie Anne bis zur letzten Minute treu.

Den König lernt man in sehr vielen unterschiedlichen Facetten kennen. Er ist einerseits ein eigensinniger und maßloser Herrscher, der weiß was er will und dies auch immer bekommt. In seiner Beziehung zu Mary, auch als sie nicht mehr seine Mätresse ist, lernt man aber auch gute Züge an ihm kennen. Die Mitglieder des Hofes, so liebenswürdig sie nach außen auch tun, werden alle genährt durch ihren Hunger nach Macht und Ansehen. Jeder Fehler der Mitstreiter wird von unzähligen Spionen beobachtet und für die eigenen Zwecke ausgenutzt.

Obwohl man die Geschichte schon aus den Geschichtsbüchern kennt, schafft es Philippa Gregory den Leser zu fesseln. Jeder weiß wie dieses Drama vor vielen hundert Jahren geendet hat, trotzdem habe ich mit Mary mitgefiebert, die die Hoffnung natürlich bis zum Schluss nicht aufgeben wollte. Der Schreibstil entspricht der Redensart der damaligen Zeit, so dass man sich perfekt in das Geschehen hineinversetzten kann und fast meinen könnte selbst am englischen Hof zu sein.

Obwohl es sich um einen relativ dicken Schinken handelt, konnte ich das Buch kaum weglegen. Jeder, der historische Geschichten liebt (die hier natürlich auch mit vielen fiktiven Gesprächen und Handlunge gespickt ist) wird hier auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. Besonders die Erzählweise aus der Sicht von Mary, die ja eigentlich aus historischer Sicht nur eine Randfigur ist, macht dieses Buch einzigartig.