Rezension

Ausbruch in ein neues Leben

Helle Nächte am Meer - Sheila O'Flanagan

Helle Nächte am Meer
von Sheila O'Flanagan

Bewertet mit 5 Sternen

Die Irin Imogen Naughton und ihr Mann Vince sind in Dublin für alle das perfekte Paar, sie wirken auf ihr Umfeld so glücklich, das man regelrecht neidisch werden könnte. Aber auf einmal ist Imogen verschwunden, und niemand, nicht einmal ihr Ehemann, weiß, wo sie ist. Doch Imogen ist geplant untergetaucht und aus ihrer Ehe ausgebrochen, um sich in Südfrankreich am Meer, wo sie als Kind oft gewesen ist, eine  Auszeit zu gönnen, um wieder zu sich zu kommen und Entscheidungen für sich zu trefffen. Denn niemand weiß: ihr Ehemann hat sie über Jahre mit seinen Machtspielchen manipuliert und kontrolliert, so dass Imogen sich in dieser Zeit selbst verloren hat und wie in einem Gefängnis lebte. Ihr Verschwinden bleibt allerdings nicht ohne Folgen, denn Vince lässt sich das natürlich nicht bieten und macht sich auf die Suche nach ihr…

Sheila O’Flanagan hat mit ihrem Buch „Helle Nächte am Meer“ einen sehr spannenden, aber auch nachdenklich stimmenden Roman vorgelegt, der so gar nicht mit dem sonnigen und farbenfrohen Cover zu tun hat. Der Schreibstil ist flüssig und weiß von Beginn an zu fesseln. Die Handlung wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, die eine lässt Imogen zu Wort kommen und lässt auch Rückblenden in ihre Vergangenheit zu, wodurch der Leser sehr gut kennenlernt. In der anderen erhält man einen guten Eindruck über Imogens Ehemann Vince, was dem Leser viel Verständnis für Imogens Reaktion abringt. Durch die Perspektivwechsel wird zusätzliche Spannung aufgebaut, was das Buch zu einem regelrechten Pageturner werden lässt. Auch die Örtlichkeiten sind sehr farbenfroh beschrieben, so dass der Leser sich alles gut vorstellen kann und gedanklich selbst eine Reise von Dublin über Paris nach Südfrankreich an einen Meeresstrand unternimmt.

Die Charaktere sind sehr gut und detailliert ausgearbeitet, so dass sie mit ihren individuellen Ecken und Kanten auf den Leser sehr realistisch und authentisch wirken. Imogen ist zu Beginn eine sehr unsichere und zurückhaltende Frau, die ihrer Umwelt etwas vorspielt. Doch sie ist auch eine mutige und entschlossene Frau, denn es zeugt von Stärke, sich unbequemen Wahrheiten zu stellen und selbst eine Veränderung hervorzurufen, um sich in seinem Leben wieder wohl zu fühlen. Die Entwicklung von Imogen ist wunderbar zu beobachten, je länger ihre Auszeit dauert. Unterschwellig ist zwar auch immer die Unsicherheit vor der Entdeckung ihres Ehemanns zu spüren, doch Imogen wird immer selbstbewusster und selbstbestimmter, je länger sie von Vince weg ist. Vince ist ein unsympathischer Mann, der seine eigene Unsicherheit durch das Schikanieren seiner Ehefrau kaschieren will. Er kontrolliert Imogen und setzt sie seinen Manipulationen aus, wodurch er sie über Jahre eingeschüchtert hat und denen sie sich nicht erwehren kann. Mit dem Verschwinden von Imogen fehlt ihm sein Prügelknabe, damit er sich besser fühlt. Zudem stellt es ihn vor seinen Mitmenschen in Frage, denn sicher ist, dass sich alle wundern über das Verschwinden seiner Ehefrau, das er nicht so einfach erklären kann.

„Helle Nächte am Meer“ ist ein sehr unterhaltsamer und fesselnder Roman über den Ausbruch aus einer Ehe, Manipulation, echte Freunde und das Zurückgewinnen von Selbstvertrauen und Stärke. Das Buch regt zum Nachdenken an und zeigt, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen muss, um eine positive Änderung herbeizuführen. Hierfür kann es nur eine absolute Leseempfehlung geben!