Rezension

Ausgezeichnet

Lied der Weite - Kent Haruf

Lied der Weite
von Kent Haruf

Bewertet mit 5 Sternen

Sie leben alle in Holt, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Colorado. Sie kennen sich kaum, und doch sind ihre Schicksale auf eine Weise miteinander verbunden, die sie anfangs noch nicht ahnen können. Da ist zunächst Guthrie, Lehrer an der Highschool, der von seiner Frau verlassen wird und nun eine neue Liebe sucht. Dann Ike und Bobby, die beiden zehn und neun Jahre alten Jungen des Paares, die von älteren Schülern aus Rache an ihrem Vater gemobbt und gequält werden, sich aber durchzusetzen lernen. Außerdem ist da noch Victoria, die sechzehnjährige Schülerin, schwanger, von ihrem Freund verlassen und von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt. Dann gibt es noch die McPherson-Brüder, zwei alte Männer mit einer kleinen Farm, aber mit großen Herzen. Ferner ist da noch Maggie Jones, eine Lehrerin, die sich mehr um die Sorgen anderer kümmert, als um ihre eigenen …

„Lied der Weite“ des US-Schriftstellers Kent Haruf (1943-2014) erschien in deutscher Sprache bereits 2001 unter dem Titel „Flüchtiges Glück“ und wurde jetzt vom Diogenes-Verlag neu überarbeitet und übersetzt. Die amerikanische Originalausgabe unter dem Titel „Plainsong“ stand 1999 auf der Shortlist des „National Book Award for Fiction“ und wurde ein Bestseller in den USA. Der in Colorado beheimatete Lehrer und Autor Kent Haruf schrieb insgesamt sechs Romane, die alle in der fiktiven Kleinstadt Holt spielen.

Der Schreibstil Harufs ist ruhig und distanziert. Es gelingt ihm großartig, Gefühle einfach und schön auszudrücken. Er fesselt den Leser an die Geschichte, ohne unnötige Spannung entstehen zu lassen. Nach kurzer Zeit hat man sich auch daran gewöhnt, dass die wörtlichen Reden nicht durch Satzzeichen hervorgehoben sind. Kurze Kapitel und knappe Dialoge erzeugen mit sparsamen Worten das unbestimmte Gefühl, dass bald noch etwas Entscheidendes passieren wird. Bemerkenswert ist der meist liebevolle und feinfühlige Umgang der Protagonisten untereinander. Doch man findet auch andere Töne. So kann man einige Szenen durchaus als kalt und hartherzig, ja manchmal sogar als brutal bezeichnen. Dennoch ist es ein Buch, das zufrieden und glücklich macht - das ich sehr gerne gelesen habe und sicher noch einmal zur Hand nehmen werde.