Rezension

Außen hui, innen pfui!

Survive - Wenn der Schnee mein Herz berührt - Alex Morel

Survive - Wenn der Schnee mein Herz berührt
von Alex Morel

Bewertet mit 2.5 Sternen

Inhalt

Als Jane am Morgen aufgestanden ist, wusste sie, dass sie nur noch wenige Stunden leben wird. Doch sie leidet nicht an einer unsterblichen Krankheit, sondern möchte ihrem Leben wissentlich ein Ende bereiten. Mehrere Wochen hat sie nun in einer Klinik verbracht, über Weihnachten steht ein Besuch bei ihrer Mutter an.
Doch Jane kommt nicht dazu, die Todesmischung aus verschiedensten Schlaftabletten zu sich zu nehmen. Das Flugzeug, das sie zu ihrer Mutter bringen sollte, gerät in einen schweren Sturm und stürzt ab. Paul, Janes Sitznachbar, ist neben ihr der einzige Überlebende der Tragödie. Die Beiden tuen sich zusammen und versuchen in der Wildnis zu überleben.

Meinung

‘Survive – Wenn der Schnee mein Herz berührt’ war eine DER Januarneuerscheinungen, die ich am meisten erwartet habe. Seit der ‘Last Survivor’ Trilogie von Susan Beth Pfeffer bin ich ein Fan von Katastrophenszenarien, die für jung geblieben Leser geschrieben wurden. Alex Morels Debutroman hat es mir allerdings bereits von Anfang an sehr schwer gemacht, sodass wir bis zur letzten Seite keine Freunde geworden sind.

Mein größtes Problem war leider ab wenigen Seiten die Protagonistin Jane. Sie redet zwar sehr offen über ihre Gefühle und Gedanken, nur macht sie das leider nicht zu einer sympathischen Figur. Jane beschreibt sich selbst als pragmatische Persönlichkeit, die wohl verbunden mit ihrer Krankheit ihren gesamten Alltag bis ins kleinste Detail planen muss. Ich habe Jane allerdings während des Lesens ganz anders wahrgenommen. Vielleicht liegt es an ihrer psychischen Krankheit, doch ich habe schon sehr früh den Eindruck bekommen, dass Jane eine überaus egoistische und zum Teil auch hinterhältige Person ist. Jane nennt für ihren Todeswunsch die unterschiedlichsten Begründungen, einer davon ist mir sehr bitter aufgestoßen. Die Protagonistin sagt, sie wolle allen Ernstes deswegen sterben, damit Hinterbliebene nach ihrem Tod NUR über sie reden, sodass sie im Mittelpunkt steht. Das hat nichts mehr mit pragmatisch zu tun, sondern ist absolut rücksichtslos und schon beinahe traurig. Ich möchte niemanden zu nahe treten, aber ich habe viele Gedanken von Jane, die sie mit den Lesern geteilt hat, als mehr als unangebracht empfunden.
Mein Eindruck hat sich bis zum Schluss des Buchs nur kaum geändert. Teils handelte sie einfach nur suspekt (vielleicht lag es am Schockzustand nach dem Flugzeugabsturz) und ihr Wunsch nach dem Tod, war plötzlich wie verflogen. Das machte die ersten knapp 70 Seiten damit in meinen Augen überflüssig.

Auch Paul ist anfangs alles andere als der Typ Junge, den man als wahrgewordenen Traum beschreiben könnte. Erst während sich Paul und Jane langsam besser kennenlernen und einander auch näher kommen, gibt es eine Handvoll Momente, in denen die Beiden für mich an Sympathie gewinnen konnten. Leider waren diese Szenen wenig ausführlich und füllten nur wenige Seiten, sodass sie für mich keine langfristige Wirkung hatte. Ich konnte so sowohl Jane als auch Paul bis zum Schluss nicht ins Herz schließen können.
Neben den unsympathischen Figuren war auch deren Verhaltensweisen zum Teil anstrengend bis hin zu nervig. Janes Gefühle für Paul sind ein stetes Hin und Her. Ich verlange gar nicht, dass sich die Hauptfiguren eines Buchs bereits nach wenigen Seiten in den Armen liegen und sich einander ewige Liebe schwören. Doch ist es nicht leserfreundlich, wenn Jane Paul in einem Moment noch hasst und das auch zu Genüge betont und sich auf der nächsten Seite wieder zu ihm hingezogen fühlt. Einmal kann man diese Abhandlung und Gefühlswandlung gern einbauen, aber doch bitte nicht ständig.

Wegen der sehr angenehm knapp gehaltenen Kapitel und der geringen Seitenanzahl habe ich erwartet und mir auch gewünscht, dass die eigentliche Handlung, sprich der Flugzeugabsturz und der Kampf ums Überleben entsprechend früh thematisiert wird. Leider war dem nicht so. Es vergehen knapp 70 Seiten (von 250!) bis es annähernd losgeht. Bis auf den Flugzeugabsturz an sich, der genial fesselnd war und aus meinen Albträumen hätte stammen können, hatte die Geschichte für mich allerdings wenig zu bieten. Vielleicht lag es daran, dass ich keine Verbindung zu den Figuren aufbauen konnte und somit nicht zum Mitfiebern angeregt wurde. Doch an sich kommen Jane und Paul in allerlei Situationen, die sie auf die Probe stellen und ihren Tod bedeuten könnten.

Alex Morel legt viel Wert auf detaillierte Beschreibungen, die für meinen Geschmack aber oftmals nicht nötig gewesen wären. So wurden Szenen, die viel Spannung erwarten ließen, unheimlich in die Länge gezogen und waren so leider alles andere als spannend.
Kurz vor Schluss merkt man deutlich, dass in der Geschichte bzw. der Grundidee sehr viel Potential steckt. Leider hat der Autor aber am Anfang zu viel falsch gemacht, als dass ich vollends in die Geschichte hätte eintauchen können. Außerdem hätten ein paar Seiten mehr der Geschichte auch sehr gut getan.

Auch der Schreibstil von Alex Morel konnte mich leider nicht komplett überzeugen. An vielen Stellen war sie mir persönlich viel zu umgangssprachlich. Worte wie ‘Pisse’ und ‘Kotze’ müssen auch in einem Jugendbuch nicht sein. Vor allem nicht, wenn es hin und wieder sogar Momente gibt, die einen Hauch von Tiefsinn versprühen, um die Emotionen der Figuren auszudrücken. Ein einheitliches Bild hätte der Geschichte sehr gut getan.

Fazit

Außen hui, innen pfui. Der positive Eindruck der Covergestaltung konnte sich in der Handlung nicht fortsetzen. Sowohl Jane als auch Paul sind keine Protagonisten, die ich in mein Herz schließen konnte. Mit egoistischen, hinterhältigen und miesgelaunten Figuren muss man in diesem Buch leben lernen. Auch die Handlung, das Überleben in der Wildnis, klingt an sich vielversprechend, wurde von Alex Morel aber leider nicht fesselnd genug umgesetzt. Zwar gibt es immer wieder Hoffnungsschimmer in Bezug auf die Figuren und die Handlung, doch bekommt man sie nicht zu schnappen, weil sie viel zu schnell verflogen sind. ‘Survive’ hat einiges Potential, wurde vom Autor aber leider verschenkt.