Rezension

Auswirkungen eines emotional und politisch gespaltenen Landes

Die Geschichte des Herrn Han - Sok-yong Hwang

Die Geschichte des Herrn Han
von Sok-yong Hwang

Bewertet mit 4 Sternen

"Sie dürfen die Tatsachen nicht verkennen. In diesem Krieg sind Hunderttausende von Menschen getötet worden. Daher sind unserer Freiheit Grenzen gesetzt, hüben wie drüben. Das ist das Schicksal der Überlebenden."

Ein verhärmter alter Mann stirbt einsam und verarmt in einem Haus in Seoul. Einst war er, Herr Han, angesehener Professor für Gynäkologie in Pjöngjang - bis 1950 der Koreakrieg ausbricht. Immer wieder sieht sich Han in dessen Verlauf politischen Machtspielen und Verrat durch vermeidlich geglaubte Freunde gegenüber gestellt. Nur mit Glück entgeht er der Exekution wegen Verrats in Nordkorea, um sich in Südkorea der Folter wegen angeblicher Spionage für den Norden ausgesetzt zu sehen. Erst das Kriegsende soll ihm, wie zahlreichen anderen politischen Gefangenen, die Freiheit bringen. Aber zu welchem Preis?

"Die Geschichte des Herrn Han" ist ein sehr aufwühlender und ergreifender Roman über ein durch den Krieg emotional und politisch nach wie vor gespaltenes Land. Offen thematisiert und kritisiert Hwang Sok-yong eben diese Teilung und die Auswirkungen auf die Beteiligten. Inspirieren ließ er sich vermutlich durch Geschichte seiner eigenen Familie, die ebenfalls aus Nordkorea fliehen musste, und seinen persönlichen Erfahrungen aus dem Koreakrieg, gegen den er sich aktiv engagierte. Vermutlich wirken seine Figuren deshalb so authentisch und glaubwürdig, erscheinen dem Leser fast greifbar. Vom ersten Augenblick an beginnt man, sich mit Herrn Han zu identifizieren, leidet mit ihm oder möchte vor Wut weinen, in Anbetracht der schieren Ungerechtigkeit, die ihm oftmals widerfährt. Das Werk wurde (verdient) mehrfach ausgezeichnet und gilt mit als bedeutendste, südkoreanische Literatur des letzten Jahrhunderts.