Rezension

Baba Dunjas letzte Liebe - warmherzig, ehrlich, gefühlvoll

Baba Dunjas letzte Liebe
von Alina Bronsky

Am 26. April 2016 sind 30 Jahre nach der Nuklearkatastrophe in Tschernobyl vergangen. Warum ich gerade jetzt den Roman von Alina Bronsky

Baba Dunjas letzte Liebe zur Hand genommen habe?

Zufall.

Aber, ich habe schon von der ersten Seite an gemerkt, dass diese Geschichte mich tief berührt. Und es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, darüber zu schreiben.

Damals sind alle Menschen nach dem Supergau in weitem Umkreis des zerstörten Reaktors zwangsevakuiert worden. Um die Menschen schnellstmöglich unterzubringen, wurden Plattenbauten in weiter entfernten Orten errichtet. Dort wurden die Evakuierten einquartiert.

Die "Todeszone" durfte zuerst gar nicht, später mit Schutzanzügen für kurze Zeit betreten werden.

Aber es gab Menschen, die es einfach nicht hinnehmen wollten, ihrer Heimat für immer beraubt worden zu sein.

Und so ein Mensch ist die Hauptfigur des Romans: Baba Dunja. Ehemalige Krankenschwester. Evdokija Anatoljewna ist ihr richtiger Name, aber niemand, der sie kennt, nennt sie so.

Sie ist Mutter von zwei Kindern. Der Sohn lebt irgendwo in Amerika und die Tochter Irina in Deutschland.Mit ihr ist Baba Dunja in Briefkontakt.

Baba Dunja ist alt, sehr alt.

Baba Dunja will sich nicht sagen lassen, wo sie leben und sterben soll. So kehrt sie in ihr Dorf Tschernowo in der Todeszone zurück. Weit entfernt liegt es von der nächsten Stadt. Sie ist die erste, aber ihr folgen noch einige skurrile Bewohner in die leerstehenden Häuser des Dorfes.

Da ist die korpulente Melkerin Marja, die dem fast 100jährigen Sidorow schöne Augen macht. Und der totkranke Petrov, der versucht, seine Schwäche nicht zu zeigen und in der Hängematte liegend, Liebesgedichte vorträgt. Und das Ehepaar Gavrilov, dass lieber für sich bleibt und Schach spielend  im Garten sitzt. Und manchmal sind es auch die Toten, die einst mit Baba Dunja hier gelebt haben, die mit ihr sprechen.

Zeitweise gibt es Elektrizität, aber nicht immer, Wasser schöpft man aus den Brunnen des Dorfes. Ernähren kann man sich hauptsächlich mit dem, was in den Gärten wächst und gedeiht. Egal ob es verstrahlt ist oder nicht. Das, was es in dem Dorf nicht gibt, muss mühsam aus der Stadt beschafft werden.

Das bedeutet: Ein anstrengender Weg zur Bushaltestelle, dann eine stundenlage Busfahrt bis in die Stadt, die außerhalb der Todeszone liegt.

Ab und zu kommen in die geruhsame Stille des Dorfes auch neugierige Journalisten oder  Ärzteteams, die sie bestaunen und begutachten.

Es ist ein ruhiges Leben, niemand stört sich am anderen, bis eines Tages ein Mann mit einem Kind ins Dorf kommt. Das kann doch nicht sein, dass ein kleines Kind hier in Tschernowo leben soll...............?

 

Bei all dem Ernst, der diesem Roman zugrunde liegt, sind Humor, Wortwitz, Leichtigkeit, Warmherzigkeit, Lebensklugheit in reichem Maße von der Autorin Alina Bronsky verwendet worden.

Baba Dunjas letzte Liebe ist ein ganz besonderer, herzergreifender Roman, den Sie unbedingt gelesen haben sollten. Es ist dafür immer der richtige Zeitpunkt!

Hier spricht die Russische Seele den Leser an.

Mein Fazit: Unbedingt lesenswert!!!