Rezension

Badeschluss

Die Lichter unter uns - Verena Carl

Die Lichter unter uns
von Verena Carl

Bewertet mit 3 Sternen

Anna und Jo, seit längerem ein  Ehepaar, verbringen mit ihren Kindern den Urlaub auf Sizilien. Nichts ist mehr so, wie es auf der Hochzeitsreise an eben diesen Ort war. Die Romantik ist verpufft, die Kinder sind anstrengend, das Geld ist knapp. Auf einem ihrer abendlichen Streifzüge begegnet Anna Alexander, der mit seiner wesentlich jüngeren schwangeren Frau Zoe und dem erwachsenen Sohn Florian ebenso in Taormina urlaubt. Anna beginnt für Alexander eine Obsession zu entwickeln, will von ihm wahrgenommen werden. Immer wieder kreuzen sich die Wege der beiden Familien in unterschiedlichen Konstellationen.

Anfangs schildert die Autorin eine Anna, bei der sich so einige Frauen wieder finden können, die enttäuschte Mittvierzigerin, ihr Wunsch nach einem größeren Sinn in ihrem Leben. Muss es ihr genügen, dass sie zwei gesunde Kinder hat, einen gutmütigen Mann, der das Geld heimbringt. Natürlich nicht, sie müsste kein Leben für andere durch andere leben. Und doch bekommt sie den Mund nicht auf, lieber streicht sie allen herum, als anzusprechen was sie umtreibt. Alexander verkörpert für Anna die heile Welt, das schöne Leben. Anna kann nicht wissen, dass auch Alexanders Leben überschattet ist, dass Geld allein ihm nicht zu einem unbeschwerten Leben verholfen hat. Anna sieht nur die Annehmlichkeiten, die sie vermisst und so drängt sie sich Alexander bis zur Peinlichkeit immer mehr auf.

In die Lichter unter uns fragt Verena Carl, was ein erfülltes Leben, was Glück bedeuten kann. Kann man sein eigenes Glück am Glück oder Unglück anderer Leute messen. Aus diesem Ansatz könnte man sehr sehr viel machen. Doch die Protagonisten lavieren hier alle nur um ihre Befindlichkeiten herum, schweigen oder lügen. Es gibt keine Entwicklung bei den Figuren, die nicht vorhersehbar wäre, jeder behält trotz seiner Unzufriedenheit sein Verhalten bei. Ich konnte aus dem Gelesenen nichts für mich herausnehmen. Es ist das Ende der Saison, bald ist Badeschluss, die Liegestühle werden eingeklappt. Diese melancholische Grundhaltung zieht sich durch das Buch genauso ein Fazit hätte ich mir  für Protagonisten und für mich gewünscht. Bücher müssen für mich kein glückliches Ende finden, aber irgendeine Erkenntnis möchte ich gerne für mich mitnehmen. Hier ist mir das nicht gelungen.

Allein der schöne bildhafte Sprachstil ließ mich über sehr viele Klischees hinwegsehen, manche Szenen schienen mir zu gewollt auf Betroffenheit aufgesetzt. Die Beziehungsfähigkeit der Paare als Thema muss nicht noch Verweise auf Flüchtlingskrise oder 9/11 beinhalten. Damit verlor das Buch inhaltlich für mich an Relevanz. Manchmal muss weniger mehr sein. Mit den Personen und ihren vielfachen Schwierigkeiten hat das nichts zu tun.