Rezension

Banker, Pfauen, Nepp am Leser

Der Pfau - Isabel Bogdan

Der Pfau
von Isabel Bogdan

Bewertet mit 1.5 Sternen

Dieses Buch scheint ja die Nation (zumindest die lesende) zu spalten. Während die einen es als amüsante, very british Entdeckung des Jahres feiern, steht die andere Hälfte mit einem großen Fragezeichen im Gesicht da und stellt die Frage aller Deutschlehrer, welche alle Schüler hassen: Was wollte uns die Autorin (und auch der Verlag, wenn wir schon dabei sind) mit diesem Geschreibsel sagen?

Ich verwende bewusst das Wort Geschreibsel, denn ernst nehmen kann ich das Ganze nicht. Der Inhalt ist in wenigen Worten zusammengefasst: Ein altes Schloss in Schottland, das wegen seiner hohen Kosten von seinen adligen Besitzern als Erholungsort vermietet wird, beherbergt ein paar Banker, die dort ein Wochenende für Teambildungsmaßnahmen verbringen sollen. Ein Pfau dreht durch (wahrscheinlich hat er das Buch vorher gelesen, dann wäre mir das auch passiert an seiner Stelle) und geht auf alles los, was blau ist, macht das Auto der Chefin der Banker kaputt, der Herr des Hauses erschießt ihn und versucht, diese Tatsache vor fast allen zu verbergen.

Hört sich nicht spannend ist? Ist es auch nicht. Muss es ja nicht mal, wir haben es schließlich nicht mit einem Krimi oder auch nur irgendeiner Art von Lektüre zu tun, bei der Spannung aufkommen soll oder muss. Dann kann doch wenigstens der Schreibstil überzeugen? Fehlanzeige. Meine Mutter, die Stichpunkte für eine Einkaufsliste erstellt, hat denselben leiernden und einschläfernden Ton drauf, der dieses Buch auszeichnet. Nun gut, aber dann sicherlich die Personen - bestimmt zeichnen die sich durch Tiefe, Charakter oder wenigstens Sympathie aus? Sagen wir mal so: Die interessanteste Person war der Pfau, und der wurde ja ziemlich zeitig gekillt. Die sich daraus ergebenden "Spannungen" und "Verwicklungen" ergaben immerhin eine gute Einschlafhilfe.

Machen wir es also wie Goethe und sagen: Jetzt steh' ich da, ich alter Tor, und bin so klug als wie zuvor. Das ist in der heutigen Zeit vielleicht grammatikalisch nicht sonderlich korrekt, aber immer noch faszinierender als ein Roman, der nichts aussagt, sich durch permanente indirekte Rede und völlige Banalität auszeichnet: Buchpreis, du bist ganz nah!

Kommentare

Naibenak kommentierte am 18. April 2016 um 10:07

Lol... diese Rezension erheitert mich tatsächlich ein wenig (entschuldigung, nicht böse gemeint!)... denn sie zeigt so deutlich genau das, was ich schon schrieb: die Einschätzung dieses Büchleins steht und fällt mit dem Humor-Geschmack ;-) Schön geschrieben!

E-möbe kommentierte am 18. April 2016 um 16:40

Ich habe dich eigentlich auch als einen sehr freundlichen Menschen eingeschätzt, soweit ich das per Ferndiagnose beurteilen kann, also keine Panik, ich war nicht beleidigt. (Höchstens durch diese Lektüre. ;D) Immerhin, danke für das "schön geschrieben", auch wenn du wohl zur anderen Seite der Pfauenfraktion gehörst.

Naibenak kommentierte am 18. April 2016 um 16:55

Ach wie nett^^ ...*aufatme* ;-) ​Jep genau, ich gehöre zur anderen Fraktion ;-) Ich war auch sehr unsicher bei diesem Buch, denn ich kenne schon so einige Meinungen, die deiner sehr ähnlich sind. Aber ich freu mich tatsächlich, dass ich es doch probiert habe - hab mich nur gekringelt vor Lachen :D

E-möbe kommentierte am 17. September 2016 um 12:39

Ich bin irgendwie total enttäuscht, dass dieses Buch nicht auf der Longlist für den Buchpreis ist, wo ich das doch so vorhergesehen habe. Aber wahrscheinlich ist es nicht depressiv genug, außer für den Pfau natürlich, und den Leser. :P

wandagreen kommentierte am 18. April 2016 um 11:27

Ich kneife schon wieder fest die Augen zu. Ich muss das Buch unbedingt bald lesen! Bianca mag es, Archer nicht. Mal sehen, wem ich mich anschließen werde!

E-möbe kommentierte am 18. April 2016 um 16:42

Ich empfehle tatsächlich, das Buch mit geschlossenen Augen zu lesen, dann mag es immerhin einen Erholungswert (statt Unterhaltungswert) besitzen. ;) Aber ja, lies mal, bin gespannt, wie du es empfindest.