Rezension

Beängstigend realistisch

Wolfsspinne - Horst Eckert

Wolfsspinne
von Horst Eckert

Bewertet mit 5 Sternen

»Der Notruf ging um 18:42 Uhr in der Leitstelle ein. Keine Angaben zur Person des Anrufers, auf Nachfrage keinerlei Reaktion mehr. Ein Team der Wache Innenstadt war zuerst da.« Dominik wies nach drinnen. »Eine Tote, das Schädeldach zertrümmert. Neben ihr das Handy – offenbar hat sie selbst die Eins-Eins-Null gewählt. Dass sie das noch geschafft hat, mit diesen Kopfverletzungen!«

Düsseldorf, 2015: Hauptkommissar Vincent Veih ermittelt im Fall der ermordeten Promiwirtin Melli Franck. Schnell wird klar, dass es Verbindungen ins Drogenmilieu gibt. Als weitere Morde geschehen, tut sich noch eine weitere Spur auf – und die führt zurück ins Jahr 2011. Zu einer Serie von rechtsextremistischen Gewalttaten und zu zwei toten Männern in einem ausgebrannten Wohnmobil…

 

Richtig harter Stoff wird dem Leser hier geboten. Das Ausmaß der Härte resultiert zum einen aus den geschilderten, äußerst brutalen Verbrechen und zum anderen aus der Gewissheit, dass vieles davon tatsächlich geschehen ist.

 

Horst Eckert verknüpft in seinem neuesten Thriller geschickt Realität und Fiktion. Beim Lesen erkennt man in der Handlung und bei den Charakteren zahlreiche tatsächliche Ereignisse und Personen wieder. Alles wurde so gekonnt integriert, dass ich immer wieder dachte: Ja, so könnte es gewesen sein. Alle Hintergründe erscheinen gründlich recherchiert und wurden spannend und ohne logische Lücken eingebaut.

 

Viele aktuelle und brisante Themen fließen in die Handlung ein, Themen wie zum Beispiel die Flüchtlingspolitik, Pegida, NSU, Verfassungsschutz und V-Männer. Ein solcher findet sich übrigens bei den Hauptcharakteren, was höchst interessant zu lesen war, weil man nicht nur erfährt, wie er arbeitet und was seine Aufträge sind, sondern auch, wie er sich dabei eigentlich fühlt und wie er mit seinen Taten lebt.

 

„Wolfsspinne“ ist der dritte Fall für Vincent Veih nach „Schwarzlicht“ und „Schattenboxer“. Vincent ist als Charakter schon deshalb so reizvoll, weil seine Mutter lange Jahre im Gefängnis war, verurteilt wegen ihrer Mitgliedschaft bei der RAF. Dass Brigitte Veih auch nicht gerade begeistert ist, dass ihr Sohn „ausgerechnet“ Polizist werden musste, kann man sich vorstellen. Konfliktpotential zwischen Mutter und Sohn ist somit reichlich vorhanden. Verständnislücken muss niemand fürchten, der die beiden Vorgängerbände nicht gelesen hat – alles Wichtige zu Vincents privater und beruflicher Vergangenheit wird kurz erklärt.

Vincents Ermittlungstätigkeiten werden noch zusätzlich dadurch erschwert, dass man ihm die Leitung seines Kommissariats entziehen will. Hat es jemand auf ihn abgesehen? Wer und weshalb?

 

Die Spannung bleibt durchgehend hoch, die Handlung wechselt zwischen Ereignissen in der Gegenwart und solchen aus dem Jahr 2011, bis am Ende alle Fäden zusammenlaufen. Beim Lesen wechselten sich bei mir Betroffenheit, Fassungslosigkeit und Wut ab. Ich glaube nicht, dass man dieses Buch emotional distanziert lesen kann!

 

Fazit: Ein Thriller der Extraklasse! Spannend bis zur letzten Seite und beängstigend realistisch.