Rezension

Beeindruckender Jugendthriller

Gefrorenes Herz - Mirjam H. Hüberli

Gefrorenes Herz
von Mirjam H. Hüberli

Bewertet mit 5 Sternen

"...Mein ganzes Leben war ich nie allein und will es auch jetzt nicht sein. Mit Natascha an meiner Seite bin ich erst ein ganzer Mensch. Ich sehe die Welt anders, wenn wir zusammen sind..."

 

Aurelia ist mit ihrer Freundin Sofia beim Eiskunstlaufen. Aurelia wartet auf eine Antwort. Doch Sofia lässt sie zappeln. Beim Umziehen teilt Sofia dann Aurelia mit, dass sie keinen Sinn mehr darin sieht, nach Natascha zu suchen. Natascha ist Aurelias Zwillingsschwester. Sie ist seit vier Wochen spurlos verschwunden.

Die Autorin hat einen fesselnden Jugendthriller geschrieben. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Ein Grund dafür ist die gute Charakterisierung der Protagonisten.
Aurelia, die Ich-Erzählerin, hofft, dass ihre Schwester wiederkommt. Es fällt ihr schwer, zu akzeptieren, dass für ihre Freundinnen das Leben weiter geht. Sehr schön wiedergegeben wird die besondere Beziehung der Zwillingsschwestern. Dabei war Natascha die Dominierende.

Sofia ist ehrgeizig und ichbezogen. Den Sinn und Inhalt von Freundschaft hat sie nie begriffen.

Isolde, Sofias Mutter und die Trainerin der Eiskunstläufer, benachteiligt Aurelia bewusst. Über ihre Motive darf ich mir als Leser lange selbst Gedanken machen. Das sehe ich positiv, denn es lässt Platz für meine Phantasie.

Die Geschichte beginnt spannend. Durch geschickte Kunstgriffe und einen gut gewählten Sprachstil gelingt es der Autorin, den Spannungsbogen stetig hoch zu halten. Das gilt selbst für die Abschnitte, in denen äußerlich wenig passiert. Dafür verantwortlich sind die komplizierten Beziehungen zwischen den Protagonisten. Häufig weiß Aurelia nicht, wer Freund, wer Feind ist. Natürlich stellt sie dann ihre Stacheln auf. Sehr gut gefallen haben mir die leisen Abschnitte, in denen mir Aurelia einen tiefen Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gibt.

Das Buch verfügt über einen gehobenen Schriftstil. Es gibt Sätze, die bleiben in Erinnerung. Der Autorin gelingt es überzeugend, die Gefühlswelt ihrer Protagonisten wiederzugeben. Für Trauer und Angst, Wut und zarte Zuneigung findet sie treffende Bilder. Poetische Stellen wechseln mit Abschnitte, wo sich einem allein durch passende Metapher die Härchen aufstellen.

Ein besondere Kunstgriff sind Aurelias Träume. Sie kann als Ich-Erzählerin nicht wissen, was mit Natascha passiert. Aber die Welt der Träume kann das Geschehen nicht nur ihr, sondern auch mir als Leser vermitteln. Diese Teile wurden kursiv hervorgehoben und lesen sich zum Teil wie ein Gedicht. Die Traumbilder sind nicht nur anschaulich, sondern gleichzeitig sehr phantasievoll.

Sehr gut eingefangen wird die Atmosphäre im jugendlichen Umfeld. Schule, Trainingsstätte, Familienverhältnisse werden realistisch wiedergegeben.

Passend finde ich den Titel des Buches. Er gibt Aurelias Situation treffend wieder.

Auch das Cover mit den hellen Blautönen strömt diese Kälte aus.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat es verstanden,  die besondere Beziehung zwischen Zwillinge in eine abwechslungsreiche Handlung zu verpacken. Gleichzeitig wird deutlich, dass trotzdem jede von ihren eine eigenständige Persönlichkeit bleibt. Es hat Spaß gemacht, mitzudenken und mit zu rätseln und manch Irrwege revidieren zu müssen. besonders beeindruckt hat mich das sprachliche können der Autorin. Ich bin auf weitere Bücher gespannt.