Rezension

Beeindruckendes Debüt

Das finstere Tal - Thomas Willmann

Das finstere Tal
von Thomas Willmann

Bewertet mit 5 Sternen

Kurz vor Wintereinbruch reitet Greider auf seinem Maultier in das Hochtal, in dem das Leben vom Bauern Brenner und seinen sechs Söhnen diktiert wird. Sobald der erste Schnee fällt, wird es für den Maler kein Zurück mehr geben und nur noch ein Leben unter den eigenwilligen Bewohnern möglich sein. Er findet Unterkunft, zieht mit Papier und Kohle los um zu zeichnen und wird so langsam aber sicher ein tolerierter Gast des Tals, in dem die Menschen nur ihr Tagwerk kennen. „Als die Gemeinde sich durch ihre Choräle schleppte, fiel es Greider zum ersten Mal auf: Es gab keine Musik hier oben im Tal. Noch nie hatte er außerhalb der Messe jemanden singen gehört, und nirgends, nicht einmal als Begleitung hier in der Kirche, hatte er je ein Instrument erblickt. Er fragte sich insgeheim, ob wenigstens nachher bei der Feier im Wirtshaus zum Tanz aufgespielt werden würde. Und es schien ihm, dass nichts die Menschen und die Stimmung in diesem Tal so gut zusammenfasste wie diese Musiklosigkeit – diese Weigerung, mit der Stimme etwas anderes zu tun als sprechen, und das selten genug, die Weigerung, mit dem Körper etwas anderes zu verrichten als Arbeit und das eigene Gehör sowie die Welt um sich zu füllen mit etwas anderem als den Klängen und Geräuschen des Naturgegebenen und Zweckdienlichen. Es war in tiefster Hinsicht ein Leben ohne Musik.“

Thomas Willmann hat mit „Das finstere Tal“ einen beeindruckenden ersten Roman geschrieben, der mit dem Stuttgarter Krimipreis für das beste Debüt 2010 ausgezeichnet worden ist. Ein Krimi im klassischen Sinn ist es nicht, aber eine sehr außergewöhnliche Geschichte. Willmann ist es gelungen, einen Protagonisten zu zeichnen, der willensstark und mit beinahe beängstigender Ruhe seinen Weg der Rache und Vergeltung beschreitet. In zwei Rückblenden finden sich die passenden Puzzlestücke zu den Hintergründen seines Handelns, für das ich am Ende doch ein überraschend großes Verständnis hatte. Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, in welcher Art und Leichtigkeit sich Menschen unterdrücken lassen, ohne sich aufzulehnen. Ein fesselndes Buch, das mich begeistert hat.