Rezension

Beeindruckendes Roman-Debüt einer 17-Jährigen

Tage mit Leuchtkäfern - Zoe Hagen

Tage mit Leuchtkäfern
von Zoe Hagen

Bewertet mit 5 Sternen

Antonia ist 15 Jahre alt, verletzt sich selbst und leidet unter Bulimie. Die Einsamkeit und die Leere in ihrem Inneren bekämpft sie mit Essen, das sie regelmäßig erbricht, um sich danach wieder hundeelend zu fühlen. Eine zufällige Begegnung mit Fred verändert schließlich ihr Leben. Fred und seine Freunde bezeichnen sich selbst als der “Club der verhinderten Selbstmörder”, denn Noah, Fabien, Amira, Lynn und Fred eint genau das: Sie alle haben bereits Suizidversuche hinter sich. Antonia wird herzlich in ihren Kreis aufgenommen, lernt Freundschaft kennen und Vertrauen. Sie ist glücklich – allerdings nur für eine relativ kurze Zeit…

Mit 17 Jahren schrieb Zoe Hagen ihren Roman “Tage mit Leuchtkäfern”. Inzwischen ist die Berlinerin 21. Ihr 192-seitiges Debüt ist seit dem 14. März 2016 im Handel erhältlich.

Das Buch der jungen Autorin über ein Mädchen im Teenageralter ist dennoch kein klassisches Jugendbuch, sondern ein Roman für sämtliche Altersgruppen. Sowohl die Sprache als auch die Dialoge sind ohne Frage jugendlich, aber dieses Buch erzählt keine seichte Geschichte über typische Teenie-Probleme. “Tage mit Leuchtkäfern” ist eine einfühlsame Lektüre mit Tiefgang. Sie ist mit wundervollen Sätzen gespickt, die den Leser von Zeit zu Zeit immer wieder innehalten lassen und nachdenklich machen. “Nicht jeder, der lacht, ist glücklich. Wie heißt es so schön? Manchmal lacht man auch nur, um nicht zu weinen.” (aus “Tage mit Leuchtkäfern”, Seite 72)

Eine bedeutende Rolle, wenn auch nur in Zitatform, kommt dem französischen Schriftsteller Gustave Flaubert zu. Dank Noah wird Antonia quasi zum Fan des Verfassers von “Madame Bovary”. Einen modernen Kontrast zum etwas (Verzeihung!) angestaubten Monsieur Flaubert bilden Songtexte von Jack Johnson. Nichts verdeutlicht die vermeintlichen Gegensätze des Buches besser, denn Jugend und Anspruch schließen sich nicht aus. Das stellt Zoe Hagen in ihrem Debüt eindeutig unter Beweis.

Der Roman wird in Tagebuchform erzählt. Antonia adressiert ihre Einträge an Gott, obwohl sie nicht religiös ist. Sie meint damit vielmehr eine Kraft, “die alles irgendwie zusammenhält”. Dieser Kraft gewährt sie ungefilterte Einblicke in die Abgründe ihrer Seele, aber sie berichtet auch von den schönen Momenten, die sie gemeinsam mit ihren Freunden erlebt. Insofern ist “Tage mit Leuchtkäfern” eine emotionale Achterbahnfahrt. Antonia beeindruckt mit schonungsloser Ehrlichkeit, in erster Linie sich selbst gegenüber. Das macht sie, die starke und zugleich – in psychischer Hinsicht – schwache Hauptfigur des Buches, unglaublich sympathisch. Bei aller Schwermut verfällt sie nicht pausenlos in Selbstmitleid, was für weitere Pluspunkte sorgt.

Mit einem wahren Paukenschlag neigt sich das Buch schließlich seinem Ende zu – aber mehr wird auf gar keinen Fall verraten!

Wer eine besondere Lektüre sucht, wird mit “Tage mit Leuchtkäfern” fündig. Zoe Hagens Erstling ist vieles: Traurig, bedrückend, erschreckend, klug, modern – vor allem aber: Einzigartig!